: Ausverkauf als Standortpolitik
■ Senat beschließt Bewag-Verkauf aus „wirtschafts-, energie- und fiskalpolitischen Gründen“. Finanzsenatorin: Einstieg in die Privatisierung von Landesvermögen
Die Sanierung des Berliner Haushaltes entscheidet sich in Bonn und Brüssel. Denn seit gestern der Senat den Verkauf der landeseigenen 50,8 Prozent Bewag-Anteile beschlossen hat, steht nun nur noch die kartellrechtliche Billigung des Handels durch die EU-Kommission aus. Der Vertrag sieht vor, daß der US-Stromkonzern Southern Company und die deutschen Unternehmen Veba und Viag die Berliner Anteile erwerben, was dem Land Einnahmen in Höhe von 2,9 Milliarden Mark sichern soll. Das Abkommen soll noch im Mai das Abgeordnetenhaus passieren.
Laut Vertrag wird Southern 20,8 Prozent des Bewag-Kapitals übernehmen, Veba und Viag jeweils 15 Prozent. Nach Verschiebungen innerhalb des Konsortiums sollen am Ende alle drei Interessenten gleich stark sein und jeweils 23,6 Prozent des Kapitals und 26 Prozent der Stimmanteile halten. Das Konsortium hat sich verpflichtet, die Aktien für 20 Jahre zu halten, doch die Amerikaner ließen sich einen Notausgang offen: Nach fünf Jahren können sie ihre Anteile innerhalb des Konsortiums verkaufen. Sitz und Hauptverwaltung der Bewag bleiben in Berlin, der Abbau von Arbeitsplätzen um 20 Prozent richtet sich nach den bisherigen Plänen der Bewag, Berlin darf weiterhin ein Mitglied des Aufsichtsrates auswählen.
Der Preis von 2,9 Milliarden Mark plus 290 Millionen an Zusatzleistungen des Konsortiums (siehe Kasten) sei der höchste, der derzeit auf dem Markt erreicht werden könne, erklärte Fugmann- Heesing. Sie wies damit Kritik von Grünen und PDS, aber auch von CDU-Fraktionschef Landowsky zurück, die Bewag sei mindestens 3,3 Milliarden Mark wert.
Auch energiepolitisch sei der Bewag-Deal kein Ausverkauf, meinte Umweltsenator Peter Strieder (SPD). Vertraglich sei der Wettbewerb unter den Vorlieferanten im Berliner Umland ebenso gesichert wie die eigene Stromerzeugung und die Bewag-Linie zur Förderung der Kraft-Wärme- Kopplung. Veba und Viag verpflichteten sich dazu, insgesamt 20 Millionen Mark in die Förderung regenerativer Energien zu investieren. Auch den umkämpften Zukunftsfonds aus dem Verkauf soll es geben, bestätigte Strieder, doch Höhe und Verwendungszweck seien noch unklar.
Einhelliger Tenor der Begründungen für den Deal: Beim Bewag-Verkauf geht es nur zweitrangig um Haushaltssanierung. Vorrangig sei der Einstieg in die Privatisierung des Landesvermögens. „Es hat einen Wandel im Senat gegeben, nun ist die Privatisierung mehrheitsfähig“, meinte Fugmann-Heesing. Der Umfang staatlicher Beteiligungen an der Wirtschaft müsse reduziert werden, meinte Diepgen. Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) war zufrieden, daß seine Idee des Bewag- Verkaufs von 1995 endlich umgesetzt wurde. Und Strieder schließlich begrüßte den Verkauf als ein „Stück Modernisierung im Verständnis vom Staat“. Eine ökologisch ausgerichtete Energiepolitik sei nun sogar vielfach besser fortzusetzen. Bernhard Pötter
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