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Internet-Messe in der Luft

■ Eine Woche vor der geplanten Eröffnung streiten zwei Messefirmen vor Gericht, wer das Logo verwenden darf. Wandert das komplette Werbematerial in den Müll?

Eine Woche vor ihrer geplanten Eröffnung unter dem Funkturm hängt die Messe „Internet World“ (27.–29.5.) weiter in der Luft. Erst am kommenden Donnerstag wird das Berliner Kammergericht entscheiden, ob der Veranstalter Neue Mediengesellschaft Ulm den Titel der Veranstaltung überhaupt verwenden darf. Verliert die Mediengesellschaft, muß möglicherweise das gesamte Werbematerial kurz vor dem Startschuß in die Mülltonnen geworfen und aus allen elektronischen Publikationen die Bezeichnung „Internet World“ gelöscht werden. „Ein Alptraum“, stöhnen MitarbeiterInnen, die ein gigantisches Organisationschaos befürchten.

Das könnte dazu führen, daß Aussteller absagen. Bislang haben sich rund 120 Firmen und 11.000 FachbesucherInnen angemeldet. Mit der Veranstaltung will die Messe GmbH, die einen Teil ihres Geländes an die Mediengesellschaft vermietet, einen Fuß in den zukünftigen Milliardenmarkt der weltweiten Computernetzwerke setzen. Das Problem: Die Firma DC Kongresse und Fachmessen aus dem bayerischen Starnberg führte bereits 1996 eine Internet World in München durch und wird die Veranstaltung Anfang Juni 1997 wiederholen. Der Name sei geschützt, meint DC, und erwirkt eine gerichtliche Verfügung nach der anderen, um der Neuen Mediengesellschaft und der Messe Berlin die Verwendung des Logos untersagen zu lassen.

Kürzlich hatten sich die konkurrierenden Veranstalter zwar vor Gericht auf einen Vergleich geeinigt, doch die weltweit agierende US-amerikanische Messefirma Mecklermedia wollte sich damit nicht zufriedengeben. Der Konzern organisiert Internet-Messen in mittlerweile 25 Ländern und hat als bundesdeutschen Partner die Mediengesellschaft Ulm unter Vertrag genommen. Meckler will das Logo „Internet World“ global als seinen ausschließlichen Markennamen verwenden und setzt auf Sieg im Prozeß.

Parallel zur Messe soll ein Kongreß stattfinden (27./28.5.). Die Pallette der Themen reicht von „Werbung im Netz“, neue Formen von „Wertpapiergeschäften“ bis zu „Desktop Video Konferenzen“. Die Berliner Veranstaltung ist im Vergleich zu den entsprechenden Messen in New York und Los Angeles eine Miniaturausgabe mit einem Bruchteil der Ausstellungsfläche. 1996 machte eine ähnliche Veranstaltung unter dem Funkturm Verlust, und auch dieses Jahr wird man wohl keine schwarzen Zahlen schreiben.

Nach Informationen des Senats arbeiten in Berlin rund 4.400 Unternehmen in der Kommunikations- und Medienbranche, davon etwa 1.100 Betriebe mit 13.000 MitarbeiterInnen im Bereich Software. Von wenigen Ausnahmen abgesehen hat die Region noch keine Spezialisierungen und bedeutenden Entwicklungsschwerpunkte hervorgebracht. Hannes Koch

Anmeldung und Infos: Internet World 1997, Projektbüro, Messedamm 26, 14055 Berlin, Tel.: 3038-5480, Online: http://www . internetworld.de

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