piwik no script img

Kinkel kritisiert USA

■ Außenminister weist US-Vorwürfe an Abschiebepraxis nach Bosnien zurück

Bonn (AFP) – Die Bundesregierung hat die Forderung der USA nach einem Abschiebestopp für bosnische Flüchtlinge in Deutschland scharf kritisiert. „Ich glaube, daß die Amerikaner uns keine Vorschriften zu machen haben, wann und wie wir die Flüchtlinge zurückführen“, sagte Außenminister Klaus Kinkel (FDP) gestern in Sat.1.

„Die Flüchtlinge müssen zurück, das ist ihre Heimat, sie werden zum Wiederaufbau gebraucht, und außerdem: wir können auf Dauer nicht alles schultern.“ Auch Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) verbat sich die US-Ratschläge: „Ich glaube, daß wir solche Hinweise auf die Anlage unserer Innenpolitik von niemandem brauchen.“

Das amerikanische Außenministerium hatte Bonn aufgefordert, die Flüchtlinge nicht zwangsweise in ihr Herkunftsland zurückzuschicken. US-Außenamtssprecher Nicholas Burns sagte in Washington, vor allem Flüchtlinge, die in ihren Heimatdörfern zu einer Minderheit gehören, sollten nicht abgeschoben werden. Die Bedingungen für eine sichere Rückkehr seien dort nicht gewährleistet.

Dazu hieß es in einer in Bonn veröffentlichten Erklärung Kinkels: „Eine Rückführung der Kriegsflüchtlinge auf dem Silbertablett kann es nicht geben, auch eine Vollkasko-Rückkehr ist unmöglich.“ Die Rückführung werde human gestaltet. „Hierzu brauchen wir auch keine Belehrungen von anderer Seite, auch nicht von unseren amerikanischen Freunden.“ Die Bonner Vertretung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR schloß sich dagegen der US-Kritik an und erneuerte ihre Forderung, nicht mehr nach dem Familienstand über die Zwangsrückführung nach Bosnien zu entscheiden, sondern nach Herkunftsort und Volkszugehörigkeit. Die Rückführung von Flüchtlingen in Dörfer, in denen sie ethnisch in der Minderheit wären, sei nach wie vor nicht möglich, betonte UNHCR- Sprecher Stefan Telöken. „Die Menschen sind dort an Leib und Leben gefährdet.“

Siehe Kommentar Seite 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen