: Gewalt hat mit Kultur nichts zu tun
■ Ein Film beschreibt die Beschneidung von Frauen als Menschenrechtsverletzung
Gewalt gegen Frauen hat nichts mit Kultur zu tun. Die Botschaft des Films „Warrior Marks“, der das Thema Beschneidung und Genitalverstümmelung von afrikanischen Frauen und Mädchen behandelt, ist eindeutig. Anläßlich des internationalen Frauengesundheitstages zeigt das Amt für Frauen Schöneberg in Zusammenarbeit mit dem Feministischen Frauengesundheitszentrum (FFGZ) heute den Dokumentarfilm der afroamerikanischen Schriftstellerin Alice Walker und der britischen Filmemacherin Prathibha Pamar.
Der Film ist erstmals in synchronisierter Fassung zu sehen. Im Anschluß stellt Regine Bougdibla Aktivitäten von Terre des Femmes gegen genitale Verstümmelung vor. Bereits Anfang der achtziger Jahre verurteilten Terre des Femmes und andere Organisationen die Beschneidungen als schwere Menschenrechtsverletzung. Einige Frauen aus afrikanischen Ländern und aus Deutschland kritisierten dies als Eingriff in ihre beziehungsweise fremde Kulturen und warfen den deutschen Feministinnen eine eurozentristische Haltung vor. Daraufhin verringerte Terre des Femmes zunächst sein Engagement. Unterdessen, so Dagmar Birkelbach vom Schöneberger Frauenamt, werde hierzulande die Stärkung von Initiativen in afrikanischen Ländern, die gegen Genitalverstümmelung kämpfen, mehrheitlich als „der einzig gangbare Weg“ erachtet.
An diesem Punkt knüpft auch „Warrior Marks“ an. Ausführlich kommen Frauen zu Wort, die sich in Gambia und im Senegal gegen die beschneidenden Praktiken wenden. Der Film geht unter die Haut. Prathibha Pamar und Alice Walker verzichten vollständig auf blutige sensationslüsterne Szenen. „Warrior Marks“, was übersetzt annähernd „Kriegsverletzungen“ heißt, lebt ganz von den Berichten der Frauen. Sie erzählen von den entsetzlichen Schmerzen und der traumatischen Erfahrung der Beschneidung. Mboute aus Senegal beispielsweise sagt, sie habe nichts Erniedrigenderes erfahren, als als Kind mit gespreizten Beinen zu sehen, wie aus ihrem Körper etwas herausgeschnitten wurde.
Die beiden Autorinnen haben jedoch nicht nur feministische Aktivistinnen und beschnittene Frauen befragt. Eine Beschneiderin aus dem Senegal verteidigt das Ritual als „Geheimnis“ und „kulturelle Tradition“.
Eine Tradition, so die Aussage des Films, die zum Ziel hat, die Sexualität von Frauen unter männlicher Kontrolle zu halten. Walker, die sich diesem Thema bereits in ihrem Buch „Und sie hüten das Geheimnis des Glücks“ angenommen hat, begreift die Verstümmelungen als „patriarchale Wunden“ – als gesellschaftliches Problem und nicht als kulturelles Phänomen. Monika Hinner
„Warrior Marks“ ist heute abend um 19.30 Uhr im Rathaus Schöneberg, Raum 110, John-F.-Kennedy- Platz zu sehen
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