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Mit allen Mitteln für den Eurofighter

Die deutsche Rüstungsindustrie will eine schnelle Entscheidung über den Jagdflieger erzwingen – bevor er im Haushaltsloch landet. Noch immer fehlen aber zwei Milliarden Mark  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – „Unabsehbare Folgen“ für Arbeitsplätze, die Standorte und überhaupt den technologischen Ruf der deutschen Industrie kündigte gestern der Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) an – wenn nicht noch im Juli eine Entscheidung der Bundesregierung für die endgültige Finanzierung des umstrittenen Kampfflugzeugs Eurofighter falle.

Die Geduld der Branche sei am Ende, hieß es in der Erklärung des BDLI. Nach eigenen Angaben hat allein der deutsche Hauptauftragsnehmer Daimler Benz Aerospace AG (Dasa) seit 1994 rund 200 Millionen Mark in die Vorbereitung der Serienproduktion gesteckt. Doch noch immer gebe es keine vertragliche Absicherung, daß die Bundeswehr die Flugzeuge kaufe.

Der Lobbyverband der Flugzeugindustrie ist so aufgeregt, weil er um seine fetteste militärische Gans fürchtet. Die Bundeswehr will derzeit 180 der neuen Jagdflugzeuge kaufen. Nach offiziellen Angaben kosten diese insgesamt – ohne Munition – 22,6 Milliarden Mark. Auch Briten, Spanier und Italiener wollen ihre Luftwaffen damit aufrüsten. Die insgesamt 620 Eurofighter würden die Staaten viermal soviel kosten wie die Tunnel unter dem Ärmelkanal, so die Financial Times lakonisch.

Schon seit Januar schiebt das Bundeskabinett den Beschaffungsbeschluß vor sich her, weil immer noch zwei Milliarden Mark fehlen. Die Summe soll aufgeteilt werden: die Hälfte aus allgemeinen Einsparungen im Verteidigungsetat, die andere Hälfte direkt aus dem Staatshaushalt. Doch Theo Waigel hat derzeit so wenig Geld, daß er nicht einmal eine Milliarde locker machen kann.

Einen Ausweg bietet die Dasa selbst an. Ab 2001 müßte sie Kredite an den Bund zurückzahlen, die sie damals zum Anschub des Airbusses erhalten hat. Diese Zuschüsse würde die Daimler-Tochter nun vorzeitig ab 1998 an Waigel überweisen, welcher sie dann wieder für den Eurofighter an die Dasa zurückreichen soll.

Wenn die Entscheidung nicht schnell fällt, will die Dasa die Vorbereitungen für die Serienproduktion einstellen. Damit würde der ursprünglich Jäger90 genannte Düsenjet noch später ausgeliefert. Vor allem die britische Regierung dürfte dann schwer verstimmt sein, weil ihre Militärs dringend auf den Fighter warten. Und in Deutschland sind nach immer wieder verkündeten Angaben der Betriebsräte und der Rüstungsindustrie bis zu 18.000 Arbeitsplätze gefährdet.

Kritiker sehen im Eurofighter ein Fossil des Kalten Krieges. Mit den Milliarden könnte wesentlich wirkungsvoller der Umbau der militärischen Rüstungsindustrie auf zivile Fertigung finanziert werden.

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