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Tricksender Vermieter muß zahlen

■ Verfassungsgericht billigt Mietern hohen Schadensersatz zu, weil Eigenbedarfskündigung nur vorgeschoben war

Freiburg/Karlsruhe (taz) – Wer Eigenbedarf vortäuscht, um eine Mietwohnung leerzubekommen, muß den gekündigten Mietern Schadensersatz bezahlen. Ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main wurde jetzt vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt. In einem gestern bekanntgemachten Beschluß wurde die Verfassungsbeschwerde des verurteilten Vermieters abgelehnt. Der Mann muß nun 40.000 Mark an seine ehemaligen Mieter bezahlen.

Gestritten wurde um eine im Frankfurter Raum gelegene Wohnung. Der bei einer Bank beschäftigte Vermieter begründete die Kündigung damit, daß er einen neuen beruflichen Anfang beabsichtige. In der Wohnung wolle er die Deutschland-Repräsentanz einer ausländischen Hotelkette aufbauen. Doch statt das Appartement nun wie angekündigt selbst zu nutzen, beauftragte der Banker kaum vier Wochen nach Auszug der Mieter einen Makler mit dem Verkauf.

Die ehemaligen Mieter sahen sich getäuscht und verklagten den Banker auf Schadensersatz. Jener wies aber den Vorwurf der Trickserei weit von sich. Zufällig habe sich nämlich genau in den vier Wochen nach Übergabe der Wohnung seine Lebensplanung grundlegend verändert. So habe sich die Zusammenarbeit mit der Hotelkette zerschlagen, und ein Rückenleiden habe plötzlich so zugenommen, daß er fürs erste lieber weiter bei der Bank arbeitete. Dem Landgericht Frankfurt waren das zu viele Zufälle. Das erforderliche „hohe Niveau“ an Stimmigkeit sei nicht erreicht worden.

Doch der Exvermieter gab nicht auf. Weil er sein Grundrecht auf Eigentum verletzt sah, ging er zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe. Er hatte sich wohl gute Chancen ausgerechnet, weil die Roten Roben in Eigenbedarfsfragen zuletzt eher vermieterfreundlich geurteilt hatten. Mehrfach hatten sie entschieden, daß der von einem Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf von den Gerichten zu respektieren sei und nicht durch Alternativplanungen ersetzt werden dürfe. So wurde beispielsweise akzeptiert, daß ein Vermieter Platz für seine Puppensammlung benötigte.

Etwas anderes soll nun aber gelten, wenn der Verdacht besteht, daß der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war. Die hohen Anforderungen des Frankfurter Landgerichts an die Begründung des Vermieters seien zwar nicht zwingend, aber auch nicht zu beanstanden, urteilte eine mit drei Richtern besetzte Kammer des BVerfG. Nach Schätzungen des Deutschen Mieterbundes sind bis zu 50 Prozent der jährlich etwa 150.000 Eigenbedarfskündigungen nur vorgetäuscht. Christian Rath

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