Denkmalschutz oder Abriß?

■ Nach dem Mensa-Brand: taz-LeserInnen entwerfen die neue Uni-Kantine

Seit dem Brand in der Uni-Mensa just am Tag der deutschen Einheit wirkt der Boulevardgang noch dunkler. Noch gebückter und vor allem hastiger als sonst bewältigen die PassantInnen die Strecke zwischen UB (Universitätsbibliothek) und NW 2 (Naturwissenschaften zwei). Da nehmen sich nur wenige die Zeit, zwischen den Bauzäunen in die ausgebrannte Unikantine zu schielen. Nur wenige widmen sich der Lektüre der fotokopierten Zettel, nach denen die „Mensa vorübergehend geschlossen“sei. Und nur wenige entdecken, daß die Cafeteria im angrenzenden und wegen des Brandes geräumten Wohnheim „Phönix“heißt – ausgerechnet „Phönix“!

Immer, wenn es an einem Ort von öffentlichem Interesse gebrannt hat, taucht das legendäre Federvieh auf und flattert in die Manuskripte der PolitikerInnen und in die lokalen Zeitungen. Weil die taz-Bremen nach Auffassung einer gewissen Thea Tucho ohnehin längst ins Mittelmäßige geflohen ist und einfach nachschwätzt, was alle schwätzen (nachzulesen in den „Bremer Briefen“im Internet unter http:www.zait.uni-bremen.de/wwwgast/brebrie/krazz.html), werden wir unserem Ruf gerecht und tazzen, schwätzen, phönixxen. Zu deutsch: Die taz baut mit Hilfe ihrer LeserInnen die neue Mensa.

Der nahezu vollständige Verzicht auf Oberlichter, ein brauner Parkettboden, die Betonung des Funktionalen oder verformte Lüftungsrohre als Kunst am Bau waren in den 70ern das Non plus ultra der Architektur öffentlicher Gebäude. Die Uni und mit ihr auch die Mensa sollte sich der Arbeitswelt nähern, folglich entwarf das Architekturbüro Poppe/Rudel/Wolf eine Denkfabrik für's Studieren und eine Kantinenfabrik für die Mittagspause.

Während an der Uni im benachbarten Oldenburg entweder „normal“oder „alternativ“gegessen wird, stimmten mit den Bezeichnungen „Essen 1“, „Essen 2“und „Essen 3“(„wegen Personalmangel vorübergehend nicht erhältlich“) Form und Inhalt überein. Die jeunesse d'orée stand vor dem Auswahlessen Schlange, doch überall sonst war die klassenlose Gesellschaft Wirklichkeit. Und die halb Ufo-, halb U-Boot-ähnlichen Lichtkuppeln des Künstlertrios René Acht, Klaus Arnold und Peter Nagel waren und sind das Pop-Art-Symbol dafür.

So gesehen, gehört die 1975 fertiggestellte Mensa unter Denkmalschutz gestellt und im alten Zustand wieder aufgebaut. Doch was ist, wenn die StudentInnen am Provisorium der Buden mit Backkartoffeln, Döner und Pommes im Zentralbereich Gefallen finden? Selbst der legendäre Ex-Intendant des Bremer Theaters Kurt Hübner nimmt inzwischen ohne Zögern das Wort „Elite“in den Mund und erklärt das Konzept vom „Theater für alle“für gescheitert. Nicht nur auf der Bühne ist der Sozialismus out; nicht nur in den Kaufhäusern setzt sich das Galeria-Konzept durch. Folglich muß die renovierte Uni-Mensa neuer, besser und vor allem anders werden.

Die Bandbreite ist riesig, die Bedeutung immens. Greifen Sie also zum Zeichenstift, zum Kugelschreiber oder zur Computertastatur und verfassen Sie Plädoyers, Kommentare und Skizzen für die neue, alte Mensa. Die originellsten Vorschläge drucken wir in einer unserer nächsten Ausgaben ab. Als Ansporn sind zehn Gutschein-Marken „Essen 1“zur Belohnung ausgesetzt. ck

Vorschläge an die taz-Bremen, Stichwort „Mensa“, Erste Schlachtpforte, 28195 Bremen