: Kleine Schleimer greifen an
■ Bremer Bultensee mit Blaualgen verseucht / Baden ist dort weniger zu empfehlen
Drei Dinge braucht die Blaualge, um uns das Leben schwer zu machen: Nährstoffe wie Phosphat und Stickstoff, Hitze und Windstille. Dann wird sie so richtig glitschig giftig, reichert sich mit Stickstoff an, schwebt an die Wasseroberfläche von stehenden Gewässern und stinkt zum Himmel. Für das Gesundheitsamt war das in der Vergangenheit Anlaß, Bremer Badeseen zu sperren.
Ab diesem Jahr werden nur noch Warnschilder aufgestellt, wenn ein See belastet ist. Auch ohne direktes Badeverbot sollte man die Warnschilder ernst nehmen. Blaualgen brennen auf der Haut und können, hat man einen guten Schluck aus dem See genommen, zu Erbrechen und Durchfall führen.
„Wir wollen flexibel reagieren und, wenn die Belastung vorbei ist, wieder grünes Licht zum Baden geben. Eine Sperrung ist ein zu träges Instrument“, erklärt Dr. Hans-Peter Weigel vom Wasserwirtschaftsamt im Umweltsenat. Zur Zeit stehen Warnschilder am Bultensee. Aber auch Achterdieksee, Unisee und Wallerfeldmarksee sind gefährdet. Immer noch geschlossen ist der Sodenmattsee. Hier waren vor vier Jahren zum ersten Mal enorm hohe Algenvorkommen festgestellt worden. „Wir haben den See saniert, vielleicht kann er im nächsten Jahr geöffnet werden“, meint Weigel. Aufgrund seiner geringen Tiefe war der Sodenmattsee besonders anfällig gegen Blaualgen. In knapp drei Meter Tiefe hatte er nur noch sauerstoffloses Stinkwasser. Enten und Möwen sorgten mit ihrem Kot für regelmäßigen Stickstoffeintrag. Als Sanierungsmaßnahme wurde der See ausgebaggert und über eine solarbetriebene Anlage künstlich belüftet. Eintausend Muscheln wurden angesiedelt, die täglich über 40 Liter Wasser filtern. Bald werden Hechte und Zander ausgesetzt, sie sollen den Weißfischen an den Kragen. Weißfische fressen nämlich Rädertierchen. Die werden aber gebraucht, um ihrerseits Bakterien zu vernichten, damit diese nicht überhand nehmen. Neben Blaualgen sind Darmbakterien ein weiterer Feind der sorglos Badenden. So rückte der Umweltsenat zum Beispiel den Enten zuleibe, indem er die Universität bat, in einem Forschungsprojekt Gelegeeier anzustechen, damit keine Küken entschlüpfen. Aber die Enten waren clever, nur wenige Gelege konnten gefunden werden. „Wir haben da ein Problem“, sagt Hans-Peter Weigel. „Es scheint so, daß viele BürgerInnen ihre persönliche Ente da laufen haben, die sie regelmäßig füttern.“
Blaualgen sind keine Bremensie. Vor allen Dingen in ländlichen Gebieten mit viel Gülledüngung sind Blaualgen ein bekanntes Problem. In vielen stehenden Gewässern kann man sie als vom Wind an den Seerand verdrifteten, grünlichblau schimmernden Algenteppich sehen. Der faulige, modrige Gestank ist nicht zu überriechen. In Bremen gibt es wenig Landwirtschaft, die Mist und Gülle auf die Felder ausbringt. Klar ist, daß die Nährstoffe in Bremen über das Grundwasser in die Seen eingetragen werden. Wa-rum es aber gerade in den letzten Jahren zur Vermehrung der Blaualgen gekommen ist und ob diese Vorkommen irgendwelchen Zyklen zuzuordenen sind, das versucht gerade wiederum ein Forschungsprojekt der Universität herauszufinden. Geheimnisse über Geheimnisse über eines der einfachsten und ältesten Lebewesen der Erde.
Das Wasserwirtschaftsamt wird durch EU-Richtlinen verpflichtet, wöchentlich Proben aus Bremer Gewässern zu ziehen. Dabei werden unter anderem auch Darmbakterien und Temperatur gemessen. Werden von der EU vorgegebene Grenzwerte überschritten, muß das Gesundheitsamt Maßnahmen ergreifen. „Im Moment können wir nur auf schlechteres Wetter warten“, erklärt Hans-Peter Weigel. Denn Wind bringt Bewegung und verquirlt die Algen mit dem Wasser. schuh
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