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USA kanzeln Carlos Westendorp ab

Bosnien-Koordinator wird mangelnde Präsenz vor Ort vorgeworfen. Holbrooke fährt zu Gesprächen mit führenden Politikern in die Region. Bonn friert vorerst Hilfsgelder für Jajce ein  ■ Von Andreas Zumach

Genf (taz) – Die USA haben dem Chefkoordinator für den Wiederaufbau in Bosnien, Carlos Westendorp, „mangelnde Präsenz“ im Lande sowie zu große Kompromißbereitschaft gegenüber den lokalen Politikern vorgeworfen. Überdies lehnte Washington Westendorps Vorschläge für die Aufteilung von 33 bosnischen Botschafterposten unter den Serben, Muslimen und Kroaten ab. Die Kritik an Westendorp im Hintergrundgespräch eines hohen Vertreters des State Department erfolgte offensichtlich gezielt. Heute beginnt der ehemalige US-amerikanische Chefunterhändler und „Architekt“ des Dayton-Abkommens, Richard Holbrooke, Gespräche mit führenden Politikern Bosniens, Kroatiens und Serbiens. Am Wochenende tritt der US- amerikanische General Jaques Klein sein Amt als einer der beiden Stellvertreter Westendorps an.

„Westendorp hat nicht annähernd soviel Zeit in Bosnien verbracht, wie wir gehofft hatten“, erklärte der Vertreter des US-Außenministeriums. Zumal „während dieser kritischen Phase“ solle der Chefkoordinator „in Bosnien präsent sein und die Rolle spielen, die mit ihm vereinbart wurde, als er dieses Amt übernommen hat“. Der US-Beamte äußerte sich „enttäuscht“ darüber, daß Westendorp die dem Staatspräsidium Bosniens bis zum letzten Sonntag gesetzte Frist für die Einigung über eine gemeinsame Staatsbürgerschaft, einen gemeinsamen Paß sowie die Öffnung aller Flughäfen verlängert hat. Nur wegen der ebenfalls nicht erzielten Einigung über die Verteilung der 33 Botschafterposten hatte Westendorp der internationalen Gemeinschaft das Einfrieren aller Kontakte zu den bisherigen ausschließlich muslimischen Botschaftern empfohlen.

Nach Deutschland, Frankreich, Schweden und Großbritannien sind auch die USA dieser Empfehlung gefolgt. Diese Maßnahme sei „das einzige“, was Westendorp „bislang richtig gemacht“ habe, erklärte der Vertreter des State Department. Er kritisierte aber, daß der Chefkoordinator dem Staatspräsidium zugleich konkrete Vorschläge für die Verteilung der Botschafterposten gemacht hat — darunter die Vergabe des Postens in Washington an einen Serben.

Bemühungen der taz, Westendorp zu der Kritik aus Washington zu befragen, scheiterten daran, daß der Chefkoordinator gestern nicht in Bosnien war. Sein Sprecher wies die Kritik zurück: „Die Vorwürfe anonymer Vertreter der US-Administration sind teilweise nicht korrekt und entsprechen nicht der Wahrheit.“

Sehr viel deutlicher als Westendorp benannte gestern das UNO- Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) in Genf die bosnischen Kroaten als Verantwortliche für die gewaltsame Vertreibung von 300 Muslimen aus der Umgebung von Jajce am vergangenen Wochenende. Laut UNHCR hat die bosnisch-kroatische Polizei „absolut nichts getan, um den Mob zurückzuhalten oder um die Muslime zu schützen“.

Unterdessen hat Bonn nach den Auseinandersetzungen zwischen Kroaten und bosnischen Flüchtlingen die Auszahlung von Geldern für den Wiederaufbau in Jajce gestoppt. Im Einvernehmen mit Entwicklungshilfeminister Carl-Dieter Spranger habe er die Zahlung von einer Million Mark ausgesetzt, teilte Bundesaußenminister Klaus Kinkel gestern mit.

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