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Sarkuhi droht ein kurzer Prozeß

■ Angehörige durften iranischen Regimekritiker in Haft besuchen. Vor Revolutionsgericht droht ihm Todesstrafe

Berlin (taz) – Der iranische Schriftsteller Faradsch Sarkuhi, dessen Aufenthaltsort bislang unbekannt war, sitzt im Gefängnis des Revolutionsgerichtes der Stadt Schiras. Das teilte seine Familie gestern mit. Im Gegensatz zu ordentlichen Gerichten sind die iranischen Revolutionsgerichte dafür berüchtigt, daß sie im Schnellverfahren Todesurteile verhängen.

Am Sonntag durften erstmals Angehörige den Regimekritiker im Gefängnis des Revolutiongerichts in der südiranischen Heimatstadt der Familie Sarkuhi besuchen. Anschließend informierten sie die in Berlin lebende Frau des Schriftstellers, Farideh Sebardschad. Sarkuhis Mutter habe ihr am Telefon erzählt, ihr Sohn habe sehr schlecht ausgesehen, berichtete diese gestern der taz. Der Inhaftierte und seine Angehörigen hätten nur acht Minuten und durch eine Glasscheibe getrennt miteinander sprechen dürfen. Proteste der Mutter, sie wolle länger mit ihrem Sohn reden, seien vom Gefängnispersonal abgelehnt worden. Sarkuhi habe bei dem Gespräch gesagt, er mache sich Sorgen um seine Frau und seine ebenfalls in Berlin lebenden beiden Kinder, dann sei er in Tränen ausgebrochen. Angaben zum Stand des Prozesses gegen ihn machte er nicht.

Zustande gekommen war das Treffen nach einem Anruf – vermutlich des iranischen Geheimdienstes – am Samstag bei Sarkuhis Mutter. Zuvor war Sarkuhi in der 700 Kilometer entfernten Hauptstadt Teheran inhaftiert. Wann der Regimekritiker nach Schiras überführt wurde, ist nicht bekannt. Die Familie Sarkuhis hatte in den letzten Wochen vergeblich versucht, eine Anwältin einzuschalten. Entsprechende Anfragen waren ebenso abschlägig beschieden worden wie Bitten um eine Besuchserlaubnis.

Sarkuhi ist mit einer kurzen Unterbrechung seit November inhaftiert. Der Schriftsteller war auf dem Teheraner Flughafen verschleppt worden, als er seine Familie in Deutschland besuchen wollte. Die iranischen Behörden versuchten, die Verhaftung des im illegalen Schriftstellerverband aktiven Literaten zu vertuschen, und behaupteten, Sarkuhi sei aus familiären Gründen irgendwo in Europa untergetaucht. In einem aus dem Gefängnis geschmuggelten Brief entlarvte Sarkuhi diese Darstellung jedoch Anfang des Jahres als Lüge. Der Schriftsteller vermutete in dem Schreiben, ihm solle ein „Gegenprozeß“ zum Berliner Mykonos-Verfahren gemacht werden. Iranische Medien warfen Sarkuhi seither abwechselnd Spionage für Deutschland, versuchte Republikflucht und Ehebruch vor. Eine offizielle Anklage wurde nicht bekannt.

Seit über sechs Wochen hatte es keinerlei Lebenszeichen Sarkuhis mehr gegeben. Zuletzt hatte am 16. Juli der Generalsekretär der Islamischen Menschenrechtskommission, Mohammad Hassan Siai-Far, erklärt, Sarkuhi solle „sehr bald“ ein Prozeß gemacht werden. Das Verfahren werde öffentlich stattfinden und in Beisein eines Rechtsanwalts. Der vorgeblich den Menschenrechten verpflichtete Siai-Far ist direkt der obersten iranischen Justizbehörde unterstellt. Angehörige Sarkuhis werteten die Erklärung damals als Ankündigung für einen Schauprozeß, an dessen Ende ein vergleichsweise mildes Urteil stehen könnte. Das anschließende Schweigen zu dem Fall wurde jedoch als Anzeichen dafür gesehen, daß Sarkuhi erneut zum Spielball im Machtkampf zwischen Konservativen und dem moderateren neuen Präsidenten Mohammad Chatami geworden ist. Mit der Überstellung Sarkuhis vor ein Revolutionsgericht könnte sich dieser Kampf nun zugunsten der konservativen Gegner des Präsidenten entschieden haben. Thomas Dreger

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