: Hausgemachtes Haushaltsloch
■ Die geschätzten Steuerausfälle für dieses Jahr von zehn Milliarden Mark hat sich die Koalition selbst zuzuschreiben
Bonn/Berlin (taz) – Da gehen sie hin, die Milliarden: Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) rechnet nach Angaben der Berliner Zeitung für das laufende Jahr mit einem neuen Haushaltsloch bei Bund, Ländern und Gemeinden in Höhe von zehn Milliarden Mark. Allein der Bundeshaushalt müsse Steuerausfälle in Höhe von bis zu fünf Milliarden Mark verkraften, schrieb die Zeitung. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Irmgard Karwatzki (CDU), wollte die Zahlen nicht bestätigen. Für eine Einschätzung, ob die Steuereinnahmen des Jahres 1997 den Vorhersagen der Steuerschätzung vom Mai entsprechen, sei es noch zu früh. Für eine gesicherte Prognose müsse die November-Schätzung abgewartet werden. Erst danach soll der Nachtragshaushalt für 1997 verabschiedet werden.
Dieser sieht nach den bisherigen Plänen schon eine zusätzliche Neuverschuldung von 18 Milliarden Mark vor, mit denen unter anderem schon erwartete Steuermindereinnahmen in Höhe von neun Milliarden Mark ausgeglichen werden sollen. Bei den sinkenden Einnahmen der Länder schlägt zu Buche, daß die Vermögenssteuer abgeschafft wurde. Diese darf allerdings nach einem gestern mitgeteilten Beschluß des Bundesfinanzhofs noch rückwirkend bis zum 31. 12. 1996 erhoben werden.
Vor allem die hohen Arbeitslosenzahlen schlagen sich bei den sinkenden Steuereinnahmen nieder. Ursprünglich war das Bundesfinanzministerium von einem Wachstum von 2,5 Prozent ausgegangen. Dies mußte nach unten korrigiert werden. Nach Angaben des Steuerexperten Dieter Vesper vom Wirtschaftsinstitut DIW hat ein Prozent minus beim Wachstum schon Mindereinnahmen von bis zu zehn Milliarden Mark zur Folge.
Entscheidend für die Mindereinnahmen seien zudem „steuerstrukturelle Veränderungen“, so Vesper. So führten beispielsweise die Immobilien-Sonderabschreibungen für den Osten zu erheblichen Mindereinnahmen. Hinzu kämen die steigenden Verlustzuweisungen aufgrund von gewerblichen Beteiligungen und Immobilienfonds. International agierende Firmen könnten ihre Steuerschuld aufgrund von internen Verrechnungen über die Grenzen hinweg günstig gestalten. BD
Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen