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Ab heute fliegt der Kranich privat

Die Bundesregierung geht mit ihren restlichen Lufthansa-Aktien an die Börse. Der Ausgabekurs liegt bei 33,30 Mark, die Renditeaussichten sind durchwachsen  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Der Plazierungspreis für die Lufthansa-Aktien aus dem Bundesbesitz liegt bei 33,30 Mark und damit um 50 Pfennig unterhalb des Börsenschlußkurses vom Freitag. Dies wurde gestern bekanntgegeben. Ein „äußerst faires“ Angebot, findet Verkehrsminister Wissmann. Ab heute wird die Aktie an der Börse gehandelt. Für diejenigen Kleinanleger, die bereits vorab gezeichnet haben, wurde der Ausgabepreis auf 32,50 Mark festgelegt. Die Aktien-Emission ist mehr als zweifach überzeichnet, womit Anleger nur mit etwa der Hälfte der bestellten Aktien rechnen können.

Die Lufthansa war bisher schon teilweise privatisiert. 37,5 Prozent der Anteile hielt aber noch der Staat und verkauft sie heute. Am meisten wird sich darüber Theo Waigel freuen. Fast alle der 143 Millionen Aktien hatte er bei der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau geparkt und dafür 1996 schon einmal 2,1 Milliarden Mark für den Bundeshaushalt eingestrichen. Durch das Kursfeuerwerk an den Börsen stieg der Kurs innerhalb eines Jahres noch einmal um zwei Drittel. Nun kann der Bund daher noch einmal rund 2,5 Milliarden Mark, je nach Kursentwicklung, einstreichen.

Daß von dem vielen Geld „alles in die Kasse des Finanzministers und nichts dem Unternehmen zugute kommt“, findet Herbert Hansen von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) nicht optimal. Schließlich denkt er an kommende Dividenden. Angesichts schwankender Treibstoffpreise gab es auf dem Luftfahrtmarkt auch schon öfter Turbulenzen. Trotzdem: „Die Lufthansa ist ein gutgeführtes Unternehmen“, meint Hansen. „Ein Überfliegerpapier wird die Aktie aber kaum werden, dazu sind künftige Gewinnsteigerungen schon zu sehr im Kurs eingebaut.“

Die Lufthansa steht wie alle Börsengänger der letzten Zeit sowohl im Sog als auch im Schatten der Deutschen Telekom. Der Telefonriese ging vergangenen November an die Börse. Die verkauften T-Aktien brachten der Telekom 20 Milliarden Mark in die Kasse und der Werbebranche ebenfalls einen goldenen Streifen in der Jahresbilanz. Eine halbe Million Privatleute kauften zum erstenmal in ihrem Leben Aktien.

Seitdem sind die Aktienhändler zögerlicher. Die Kurse haben ein wenig nachgegeben, alle warten ab. Doch ein großer Kurssturz wird derzeit kaum erwartet, auch wenn diese Woche das 10jährige Jubiläum des Crashs von 1987 für Spekulationen sorgen wird. Immerhin ist ein Ende des Wirtschaftswachstums selbst in Nordamerika nicht in Sicht, und vor der Inflation fürchtet sich auch niemand mehr.

Die Währungs- und Wirtschaftskrise in Asien trägt paradoxerweise zur Zuversicht bei: Banken von Japan über Südkorea bis Malaysia wackeln, die Währungen stürzten teilweise um ein Drittel. Trotzdem brach an den Weltbörsen keine Panik aus. Und für die europäischen Kurse ist der asiatische Schwächeanfall eher gut. Denn das umherschwirrende freie Kapital wird nun eher ein Auge auf die hiesigen Börsen werfen.

Doch für Anleger, die nicht nur spekulieren, sondern verdienen wollen, sollten die ganzen kurzfristigen Überlegungen kaum eine Rolle spielen, raten zum Beispiel auch die Börsenberater der Stiftung Warentest. Ihrer Meinung nach sollte man Aktien kaufen und dann fünf oder zehn Jahre im Depot liegenlassen. Wer bei guten oder schlechten Nachrichten schnell kauft und verkauft, füttert nur die Banken mit Gebühren und den Staat mit Spekulationssteuer, rechnen die Warentester vor. Die Rendite geht in den Keller. Reiner Metzger

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