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Das Hobby-Weib

Hera Lind ist mühelos die erfolgreichste deutschsprachige Schriftstellerin geworden. Seit kurzem präsentiert sie die TV-Balzshow „Herzblatt“. Ein Porträt  ■ von Harry Nutt

In ihren Romanen wimmelt es von Szenen wie dieser: Eine erfolgreiche Autorin von Unterhaltungsliteratur erhält eine Einladung in eine TV-Show, deren besonderer Spaß darin besteht, daß ein prominenter Gast auf einen anderen trifft, zuvor aber keiner von beiden weiß, auf wen. Das Gegenüber der prominenten Schriftstellerin ist, so viel Witz muß sein beim Fernsehen, die Literaturkritikerin Sieglinde Löffelholz. Die kommt im weiteren Verlauf der Sendung trotz verordneter Heiterkeit nur muffelig dem Fröhlichkeitsgebot vor der Kamera nach.

Nach etwa 50 Seiten, greint sie, sei sie verärgert aus dem Bestseller der anwesenden Autorin wieder ausgestiegen. Weitere Schmähungen folgen, zu denen die Romanschreiberin aber nur freundlich lächelt, wenn schon ein harmonisches Gespräch über Frau und Literatur nicht zustande kommen will. Die erzwungene Begegnung mit einer Autorin von derlei Getextetem ist für die Kritikerin offenbar nichts als eine Zumutung. Die Höhe ihrer Gesamtauflage – sechs Millionen Exemplare etwa – ist ein Verrat an der schönen Literatur. Die Gescholtene wehrt sich. Nie habe sie behauptet, daß es sich bei ihren Büchern um ernste Literatur handele. Sie schreibe bloß zum Spaß. Dieses Argument ließ die Gesichtszüge der Kritikerin vollends entgleisen. Wer hatte ihr bloß diese Qual aufgehalst?

Die Szene findet sich in keinem der vier bisherigen Romane von Hera Lind – spätere Verwendung keineswegs ausgeschlossen. Die Zusammenkunft fand vielmehr im Mai vorigen Jahres im richtigen Fernsehen statt, und die Akteurinnen waren Hera Lind und Sigrid Löffler. Auch nach der WDR-Talkshow „b.trifft“ mit Bettina Böttinger habe sich die Empörung bei der Löffler keineswegs gelegt. „Die war richtig wütend“, erinnert sich Hera Lind. Ohne Gruß sei sie aus dem Studio gegangen. Etwas mehr Humor habe sie einer erfolgreichen Frau wie der Löffler schon zugetraut.

Humor ist eine Basiskategorie des Rundum-sorglos-Pakets, das Hera Lind unter Einsatz verschiedener Medien seit fast zehn Jahren einem stetig gewachsenen Publikum anbietet. Und das ist in der Mehrzahl weiblich, zudem haben die Leser der Lind-Romane eher mehr als weniger Zeit in deutschen Bildungsinstitutionen verbracht. Uns pfiffigen Frauen, flüstert ihnen die Autorin zu, macht mann so leicht nichts vor. In allen Lind-Produkten sind die optimistisch gesinnten Heldinnen denn auch damit beschäftigt, in postfeministischer Arglosigkeit ihren Alltag – mal als Musikerin, mal als Schauspielerin – zu bewältigen. Das bißchen Karriere? Kein Problem. Frauen trauen sich was und verstehen sich auf augenzwinkernde Ironie. Man ist längst jenseits der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz.

Männer kommen bei ihr höchstens als nützliche Spezialisten vor: Anwälte, Steuerberater und Lektoren. Sie kommen einem vor wie Zwiebeln: Sie bringen einen zum Weinen, aber zum Kochen taugen sie doch. Im Grunde stören sie nicht weiter. Vor Hera Lind und ihren Frauen braucht kein Mann Angst zu haben. „Ich bin emanzipiert, aber keine Emanze“, sagt Hera Lind, die Alice Schwarzer zu ihren Freundinnen zählt und von dieser auch schon einmal „kleine Schwester“ genannt wird, weil sie die ganzen Mühen der Emanzipation nicht durchzumachen brauchte.

Mit derlei Selbstverständnis, einer Art Gnade der späten Geburt, konnte Hera Lind Ende der achtziger Jahre in der Buchreihe „Die Frau in der Gesellschaft“ reüssieren. Diese Sorte Literatur sollte einmal die Sache der Frauenbefreiung vorantreiben. Der gelernten Sängerin war es bei dieser Gelegenheit vorbehalten, der befreiten Frau Stoff zum Schmunzeln zu unterbreiten. Ganz in diesem Sinne lautet das Motto der Hera Lind „Frisch – frech – fröhlich – frei“, wie sie einmal dem Fragebogen der FAZ anvertraute. Und als Hauptcharakterzug vermeldete sie „positive Lebenseinstellung“. Das war es denn auch wohl, wodurch sie auf den Bestsellerlisten des Buchmarkts und vor den TV- Kameras landen mußte.

Aufbegehren stand jedenfalls nie auf dem biographischen Laufzettel der Herlind Wartenberg, die sich anläßlich ihres ersten Romans den Namen Hera Lind zulegte. Wenigstens eine Prise Widerspruch durfte es sein, aber nicht als Programm. Sondern eher als Etikett, wie schon im Namen zu entschlüsseln ist: Das Zänkische der Zeusgattin Hera ist eingebettet in die Sanftheit des Nachnamens. Hera wurde am 2. November 1957 in Sennestadt bei Bielefeld als Tochter eines Arztes und einer Sängerin geboren. Katholisch erzogen, sei sie ein eher spätes Mädchen gewesen, außerdem pummelig. So wie sie es sagt, weiß sie, daß man es ihr nicht mehr ansieht. Mann soll es ruhig auch sagen: Frau Lind, das glaubt Ihnen jetzt aber wirklich niemand!

Eine große, schlanke Frau, die erst jenseits der 30 so richtig hübsch geworden ist. Trotz ihrer vier Schwangerschaften verfügt Hera Lind über eine Brigitte-Figur. Und jede Menge Brigitte-Sex. Hera, wissen Freunde der Mythologie, war ja nicht nur Gattin, sondern zugleich Zeus' Schwester. Diese Unbestimmtheit der Beziehungsverhältnisse strahlt Hera Lind auch aus. Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert. Keine Gefahr für die tausendunderste Nacht. Fies schrieb die Süddeutsche Zeitung nach dem ersten Moderationsauftritt Linds in der Anbaggershow „Herzblatt“: „Mit der Frau kann man bestimmt prima Kuchenrezepte austauschen. Kuppeln können andere besser.“

Das ist natürlich gehässig, weil es verkennt, daß Hera Lind gern auch von Männern gelesen wird – die Zahl der Zuschriften beweist es. Und zudem ist sie die Heldin all der Frauen, die selbst viel Mühe hatten aufzublühen – auch das ist in Briefen an sie nachzulesen. Hera Linds Jugend jedenfalls verlief nach Selbstauskünften unspektakulär. Ein braves Mädchen mit durchschnittlicher musikalischer Begabung, die es mit Fleiß und Beharrlichkeit weitergebildet hat. In Köln studierte sie Theologie, Germanistik und Musik. Später absolvierte sie eine Gesangsausbildung an der Musikhochschule Köln, danach kam eine Anstellung als Altistin im Chor des Westdeutschen Rundfunks.

Das Anstellungsverhältnis führte zu emotionaler Solidität. Seit zwölf Jahren, steht in den Klappentexten ihrer Bücher, lebe sie „ehelos glücklich“ mit dem Arzt Ulrich Heidenreich und ihren vier Kindern Felix, Florian, Franziska und Fritzi zusammen. Für jedes Kind ein F: Kreativsein erstreckt sich im Hause Lind & Heidenreich auch auf die Namensgebung. So oder so: Die „wilde Ehe“, wie man früher gesagt hätte, darf als der Schuß Frechheit genommen werden, den man sich als Frau aus katholischem Hause gern gönnt.

Dr. Dr. Ulrich Heidenreich ist neben seiner Tätigkeit als praktizierender Arzt in einer Kölner Gemeinschaftspraxis Lebenspartner und Familienvater sowie Manager und Berater des häuslichen Medienunternehmens. Wozu es in den Romanen von Hera Lind noch mehrere Männer braucht, das vereinigt Ulrich Heidenreich in einer Person. Mit Vollbart und dunklem Jackett, groß, vielleicht ein wenig übergewichtig, sieht er aus wie ein Lehrer mit langjähriger GEW-Mitgliedschaft. Einer wie er kann bestimmt Gitarre spielen.

Ihm fallen immer die guten Titel zu den Büchern ein, sagt Hera Lind. Selbstverständlich ist er auch der erste Leser, ja, er habe sie immer wieder zum Schreiben ermuntert, auch wenn es der Musiklehrer war, der ihre Begabung, sich schriftlich auszudrücken, anhand eines Briefes erkannt haben soll. Beim Interview weicht Ulrich Heidenreich, der dem karikaturhaft biederen Personal der Lind-Romane sichtlich Modell gestanden hat (unglaublich, diese grauen Sandalen), nicht von ihrer Seite. Auf alles hat der Mann eine Antwort. Das ist beschämend für unsereinen, denn es läßt erahnen, daß der Lind-Company keine journalistische Frage fremd ist.

Ihr ist in erster Linie wichtig, zu sagen, daß vor den Höhenflügen in die bunte Welt der Medien immer ein solider Beruf war. Der Hochschulabschluß in Opern- und Konzertgesang muß als ihr fester Kern verstanden werden. Alles andere mag nur so zum Spaß sein: Singen und Musik kann sie, basta. Die Musikausbildung ist nicht nur der Gegenstand ihres ersten Buches, sie bildet auch den Anteil Ernstgehalt einer Karriere, die vom Konzert- über den Kreißsaal direkt auf die Showbühne führte. Dort muß und darf sie nun immerzu erzählen, wie alles kam.

Und die Geschichte geht etwa so: In den letzten fünf Wochen ihrer ersten Schwangerschaft habe sie einen Roman über die geschrieben, die sie am besten kennt: über eine Sängerin, die Männer und was sich daraus alles so entwickeln kann. Nur so. Aus Langeweile. Mit dem Manuskript des Buches, das später den Titel „Ein Mann für jede Tonart“ (1989) erhielt, sei sie dann auf der Frankfurter Buchmesse zum Stand des Fischer-Verlags marschiert. Dort freute man sich über Eva Hellers „Beim nächsten Mann wird alles anders“, das ganz oben in den Hitlisten verzeichnet stand. „Hier hab ich so was Ähnliches“, habe sie den Verlagsleuten gesagt.

Da lag sie goldrichtig. Sechs Millionen Exemplare ihrer Bücher wurden mittlerweile verkauft. Sie ist die Königin des Marktsegments Frauenliteratur. Nur Rosamunde Pilcher hat hierzulande mehr Bücher verkauft. Aber zur schottischen Kollegin will Hera Lind nichts sagen. Sie gibt zu, sich bei Trivialliteratur nicht gut auszukennen. Hermann Hesse habe sie einmal gern gelesen. Goethes Gedichte? Ja. Isabel Allendes „Geisterhaus“? Auch. Aber nachahmen wollte sie sie nicht.

Klar, auch diese Frage bekommt Hera Lind immer wieder gestellt, wegen der Anflüge von magischem Realismus in Allendes Büchern. Die gewaltige Auflage der Lind-Geschichten, die Sigrid Löffler mit leichter Verzweiflung zur Kenntnis nahm, sichert beim Fischer-Verlag manch darbendem Literaten den Vorschuß auf sein nächstes Stück. Während ein junger Nachwuchsautor bei über tausend verkauften Exemplaren zu Recht von einem Erfolg sprechen darf, liegt die Startauflage des im November erscheinenden Lind-Stücks „Weibernest“ bei mindestens 300.000.

Die Lind-Performance am Messestand ist für die im Literarischen Quartett besprochenen Autoren allerdings nicht nachahmenswert. Selten wird daraus ein Honorarvertrag. Noch seltener eine Medienkarriere von Lindscher Dimension. Nur wer so schreibt wie sie, der kann auch Fernsehen. Nach knapp zwei Jahren als ZDF-Talkmasterin bei „Lind & Leute“ trat sie nun die Nachfolge von Rainhard Fendrich in der Vorabendsendung „Herzblatt“ an. Jetzt müssen die Moderatorin und ihre jungen Gäste mit einer gewissen Neigung zu Originalitätszwang und einstudierten Animationsversen den Beweis antreten, daß sie nichts als gut drauf sind.

Das war für Hera Lind nie ein Problem. Längst ist nicht mehr zu trennen, ob der Verkaufserfolg der Bücher durch ihre Medienpräsenz beflügelt worden ist oder ob sie den Medienerfolg ihren Romanen verdankt. „Kürzlich hat man uns eine tägliche Sendung angeboten“, sagt Ulrich Heidenreich, „aber wir kennen unsere Grenzen.“ Eine Sendung wie „Herzblatt“ ist Saisonarbeit. Die Halbjahresproduktion wird in wenigen Wochen produziert. Hera Lind reist dazu mit Baby samt Babysitter an. Gestillt wird nach der Aufzeichnung.

Die Familie holt Hera Lind nicht nur auf den Boden der alltäglichen Realität zurück. Sie ist ihr auch ein Quell sowohl ihres Schaffens wie ihrer Bekanntheit. Zum wachsenden Ruhm gehört inzwischen auch die rührende Entstehungsgeschichte ihrer Bücher. Eine, die redliche Mütter trotz aller Versuche, häßlichen Sozialneid zu unterdrücken, schon einmal auf die Palme bringen können – etwa im Sinne von „Auf irgend jemandes Kosten muß so eine Karriere doch gehen“.

So viel Ruhm und Reichtum machen auch abgeklärte Zeitgenossinnen skeptisch. Mit der kann doch was nicht stimmen! Hat die etwa eine Haushälterin? Alles in Ordnung, sagt Hera Lind, im Grunde bin ich eine ganze normale Frau. Und genau das muß man ihr unbedingt glauben. Mit ihr als Nachbarin könnte man stundenlang über Balkonpflanzen reden.

Im Rhythmus ihrer Schwangerschaften schrieb sie weitere Romane, wurde durch Talkshows gereicht, ehe sie dann eine eigene Sendung moderieren durfte – quotenmäßig sehr ansprechend. Hera Lind zeigte dabei ihr Talent, das eben erst Erlebte umgehend zu mediatisieren. Als Kind der ersten Generation, die vollständig mit dem Fernsehen aufgewachsen ist, scheint ihr keine performative Ausdrucksform fremd. So ist denn nicht ein verwässerter Feminismus ihr Erfolgsgeheimnis als vielmehr das Gespür für aufblinkendes Rotlicht, das auf nichts so sehr aus ist wie unverspannte Natürlichkeit.

Und die muß sich Hera Lind nicht erst vornehmen. Sie wirkt tatsächlich natürlich, auf nicht einmal unangenehme Weise. Selbstverständlich wurden drei ihrer vier Bücher verfilmt, darunter das „Superweib“ unter der Regie von Sönke Wortmann mit Veronika Ferres, Heiner Lauterbach und Joachim Król in den Hauptrollen. Sie schreibe sehr filmisch, habe man ihr immer wieder bestätigt.

Im Grunde hätte sie die Hauptrolle gleich selbst spielen können. Nein, nein, man möge sie da nicht mißverstehen, Schauspielerin sei sie nun nicht, aber die Rolle, die sie gewissermaßen aus sich heraus geboren habe, hätte sie sich fraglos zugetraut. Schließlich gab sie einmal auf die Frage: „Was möchten Sie sein?“ „Schauspielerin (erfolgreich natürlich)“ zur Antwort. Mit der Ferres möchte Hera Lind indes nicht tauschen. Zuviel Busen.

Vielleicht kann man es auch so sagen: Hera Lind ist die erste Repräsentantin einer Hobbyelite, die mediale Aufmerksamkeit erlangt hat und reihenweise ökonomische Rekorde bricht, ohne es je darauf abgesehen zu haben. Nichts von dem, was sie erreicht hat – von ihrer Musikausbildung und ihren Kindern vielleicht abgesehen –, scheint sie wirklich gewollt zu haben. Das ist zugleich das Geheimnis ihres beachtlichen Erfolges. Es hat sich einfach so ergeben.

Sie schreibt Romane, will aber keineswegs als Schriftstellerin angesehen werden. Unvorstellbar, daß sie sich mit dem Hervorbringen von Text herumquälen würde. Sie macht Fernsehen, bekennt aber nach der ersten Sendung von „Lind & Leute“ bescheiden, „heute eine ganze Menge dazugelernt“ zu haben. Bücher zu schreiben und Fernsehsendungen zu produzieren hat bei ihr den Rang von Töpfern oder Italienischlernen. „Das nächste Mal spielen wir aber wieder Tennis“, sagt Boris Becker in dem TV-Spot, nachdem er in einem Formel-1-Rennwagen von dem Rennfahrer Mika Häkkinen mit einer Limousine überrundet worden ist. Wir setzen uns in die großen Gerätschaften, drehen den Schlüssel herum und tun so, als ob.

Die Hobbyelite ist nicht auf Verantwortung für das große Ganze aus. Allenfalls geht es darum, mit Faxgerät und Unterschriftenliste unsinnige Reformen im Lande zu verhindern. Man läßt einen Luftballon steigen, das ist alles. Je weiter er fliegt, desto besser. Eine ähnliche Einstellung haben auch die Leser der Lind- Romane, die ebenjener Generation angehören, die sich seinerzeit mit der Nutzlosigkeit des Erwachsenwerdens vertraut machen mußte. Talente und Berufsausbildungen waren in ausreichender Zahl vorhanden, aber kaum jemand mochte etwas damit anfangen. Das ist auch die Botschaft des Gesamtmediums Lind: Alle haben eine ganze Menge drauf.

Linds fast grenzenloser Reichtum ist so erworben, wie er konsumiert wird: in der Freizeit. Man liest ihre Romane nie richtig. Mühelos lassen sich 50 Seiten überschlagen, ohne den Faden zu verlieren. Das erleichtert einiges. Ihre Medienpräsenz hat insgeheim zudem eine subversive Komponente. Jedenfalls düpiert sie mit schlichter Zurückhaltung die Provokationsstrategien eines Christoph Schlingensief, der seine neue RTL-Talkshow lauthals mit der Arbeitsthese bestreitet, heutzutage könne Fernsehen jeder Depp machen.

Als ob es da noch etwas zu beweisen gälte, wo gerade das Fernsehen die unterschiedlichsten Formen von Semidilettantismus mit wachsender Begeisterung über seine Sender schickt. Als elegante Trash- Lady mit guten Manieren übertrifft Hera Lind jene Unterhaltungskünstler um Längen, die danach trachten, aus einer Mixtur aus Müll und Kitsch Kult zu machen.

Bei so viel bezahltem Üben vor Publikum bleiben Fortschritte allerdings nicht aus. Linds erste Romane retten sich von skurrilen Szenen über bemühte Wortspiele zu bisweilen gelungenen Szenen. „Die Zauberfrau“ verfügt trotz der 523 Seiten über ein beachtliches Rhythmusgefühl; Techniken der Parallelerzählung nutzte die Autorin vielversprechend. Inzwischen hat Hera Lind gelernt, die vorkommenden Personen zu entwickeln. Die gelernte, zumindest angelernte Literaturwissenschaftlerin führte Elemente der modernen Literatur in ihre Romane ein. Wie bei Wolfgang Koeppen wird in Werbefloskeln geredet; und als wär's von James Joyce, strickte sie Mundartpassagen ein.

Sage jetzt niemand, das sei Zufall. Keine Spur. Es ist bloß nicht alles so gemeint. Gespannt sein darf man aber auf den nächsten Roman – „Weibernest“. Für den hat sich Hera Lind sogar eine richtige Konstruktion zurechtgelegt.

Vier Frauen ziehen darin zusammen in eine Wohnung. Zwei von ihnen repräsentieren den eher hausfraulichen, mütterlichen Teil, die beiden anderen machen Karriere. Alle haben mit allem so ihre kleinen Probleme. Wetten, daß die Szene mit der Löffler irgendwie vorkommen wird? Mal lesen.

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