: „Wohnliche Stadt“wird nicht gerupft
■ Bürgerschaft beschloß einhellig: Spielbank-Gelder für Stiftung Wohnliche Stadt werden nicht angetastet / Nölles Angriff auf die Stiftungsgelder ist auch in der CDU-Fraktion gescheitert
Unbemerkt von der Öffentlichkeit ist in der letzten Sitzung der Bremer Bürgerschaft eine Kuh vom Eis gezerrt worden: Beinahe einstimmig wurde ein Antrag beschlossen, den die Fraktionen von Grünen und AfB eingebracht hatten: „Die Bürgerschaft lehnt eine Änderung des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank vom 20.2.1978, zuletzt geändert am 19.10.1981, ab.“Punkt.
Dahinter steckte der Versuch des damaligen Finanzsenators Nölle, über eine Änderung des Gesetzes der Stiftung Wohnliche Stadt, die mit ca. 15 Millionen Mark jährlich die Hälfte der Spielbank-Abgabe erhält, insgesamt ca. 1,3 Millionen Mark Kosten der Spielbank-Aufsicht aufzubürden, den Etat der Stiftung also um die entsprechende Summe de facto zu kürzen.
Im Juli war das noch beschlossene Sache gewesen: „Die Deputation für Inneres hat dem Entwurf am 12.9.1997 zugestimmt“, steht in einem internen Papier schon ausgedruckt. Die Verwaltung hatte alles vorbereitet, lange bevor das Gremium überhaupt zu seiner Sitzung zusammentrat. Die Innendeputation tagte dann an dem Datum überhaupt nicht.
Die Grüne Lisa Wargalla und die AfB hatten nämlich intern einen kleinen Aufstand angekündigt, und der Stiftungsvorstand, der pensionierte Bremer Beamte Horst Heise, der die Geschäfte der von ihm mitgegründeten Stiftung ehrenamtlich leitet, war auf Krawall gestimmt. Schon 1981 hatte er, damals noch im Innenressort weisungsgebunden – gegen seinen Willen zustimmen müssen, daß die schnell steigende Spielbank-Abgabe nur noch zur Hälfte für die guten Zwecke der Stiftung zur Verfügung stehen sollte. „Wenn wir nicht die Stiftung vorgesehen hätten, hätte es 1987 keine Mehrheit für die Einrichtung einer Spielbank in Bremen gegeben“, erinnerte Heise. Weiter wollte er nicht an „seiner“Stiftung knabbern lassen und kündigte an, gegen die weitere Kürzung notfalls vor Gericht zu gehen. (vgl. taz 8.9.)
Der Fall war besonders pikant, weil Finanzsenator Nölle, gleichzeitig Vorsitzender des Stiftungsrates, bei seiner Wahl im Stiftungsrat 1995 versichert hatte, nicht Interessen des Finanzressorts gegen die der Stiftung durchsetzen zu wollen.
Zudem hätte der Gang vors Gericht ein ganz anderes Risiko bedeute: Es war schon rechtlich bedenklich, daß die Stiftung 1981 auf die Hälfte der Spielbank-Abgabe verzichtet hatte. So erklärte der Jurist aus dem Finanzressort, Matthias Stauch, in einer internen Sitzung, im Falle eines Rechtsstreites stünden die Chance 50:50, daß sogar rückwirkend die der Stiftung über Jahre entgangenen Zahlungen nachgezahlt werden müßten – vom Stiftungsvorstand (Heise), drohte Stauch, der damals darauf verzichtet habe, seine Ansprüche per Klage durchzusetzen. Doch Heise ließ sich dadurch nicht unter Druck setzen: Er habe damals auf Weisung des Innensenators auf die Klage verzichtet, verantwortlich sei der.
In der SPD-Fraktion gab es dann im September eine deutliche Mehrheit, den Streit zu begraben und die Finanzen der Stiftung nicht weiter anzutasten; schließlich setzte sich auch in der CDU-Fraktion Helmut Pflugradt mit dieser Position durch. Die Stiftung wolle sich im Gegenzug mit 1,5 Millionen Mark mehr als der Sanierung der Kunsthalle beteiligen, erklärte Pflugradt dem Parlament Ende September. Davon jedoch wußte Heise nichts.
Durch den Vorstoß des Finanzsenators Nölle bleibt die Stiftung unter Druck – die Idee, ihre Gelder zu kürzen, werde nur „aktuell nicht weiter verfolgt“, hatte der neue Finanzsenator Hartmut Perschau versprochen. Ob er als Nachfolger Nölles auch dessen Position als Stiftungsrats-Vorsitzender übernehmen will und sich in denselben Interessenkonflikt wie Nölle begibt, ist noch nicht klar. K.W.
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