: Marshall-Wunder für Bremen
■ Ausstellung Schulprojekt „Citihistory“über 50 Jahre Marshall-Plan
„Ist Ihnen der Marshall-Plan ein Begriff?“hatten die Gymnasiasten in der Bremer Innenstadt die Passanten gefragt. Immerhin hatte gut die Hälfte der Interviewten eine ungefähre Vorstellung davon, welche Bedeutung das European Recovery Programm (ERP) seit seinem Inkrafttreten am 3. April 1948 für das westliche Europa einschließlich Bremens gehabt hat. Von Stichworten wie „Care-Pakete“, „Aufbau von Schulen“, „Wichtige Starthilfe der Amerikaner für die europäische Wirtschaft“bis „Bollwerk gegen den Kommunismus“reichten die Antworten der BremerInnen aller Altersgruppen, die ihre Kenntnisse teils auf eigene Erfahrungen, teils auf den Geschichtsunterricht in der Schule zurückführten.
Welches Ausmaß die Fördermaßnahmen konkret für Bremen hatten, verdeutlicht die Ausstellung im Haus der Bremer Bürgerschaft, wo die Ergebnisse der Schülerarbeit bis zum 30.10. ausgestellt sind: Allein in Bremen wurden in der Zeit von 1948 - 1957 Kredite im Umfang von 140 Mio. Mark gewährt. Die amerikanische Citibank mit ihren internationalen Verbindungen war nach Angaben Dr. Leinwebers von der Citibank maßgeblich in die Abwicklung und die praktische Umsetzung des Marshall-Plans eingebunden. Die ersten Gelder flossen in die Wiederbelebung der bremischen Schiffahrt und in Wohnungsbauprogramme. Beispielsweise entstanden in der Heimatstraße in Walle 272 neue Wohnungen, von denen teilweise nicht einmal die neuen Bewohner wußten, daß sie vom guten alten „Onkel Sam“finanziert wurden.
Doch nicht alle Zeitgenossen sahen in dem amerikanischen Engagement „Gnade oder Schicksal, Menschenmilde oder Zufall“, wie es Wilhelm Kaisen, der damalige Präsident des Bremer Senats, formuliert hatte. So befürchteten seine politischen Gegner von der KPD eine völlige Versklavung der europäischen Wirtschaft und eine Spaltung Europas. Daß genau das das Ziel des Planes war, formulierte Außenminister Marshall selber so: „Ein stabiles Europa wird dem Kommunismus schwerer zum Opfer fallen.“
Die Ausstellung zeigt die Videos von den Straßen-Interviews, der SchülerInnen, Schautafeln mit Dokumenten und Zeitungsartikeln und typische Requisiten aus der Zeit des Wiederaufbauses. Zu bestimmten Terminen werden Beispiele der amerikanischen Musik der Marshall-Zeit gespielt. dher
bis 30.10., Haus der Bürgerschaft
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