: Von der Ruine zum Freizeitpark
■ Ein Münchner Dienstleister erhält den Zuschlag für die Entwicklung und Vermarktung des Olympia-Geländes. Wie das Gelände künftig einmal aussehen wird, weiß heute allerdings noch niemand
Nur knapp einen Monat hat es gedauert, dann waren sich Berlin und Bund einig: Die Münchner Unternehmensberatung Dr. Seebauer & Partner wird mit dem Entwurf eines Nutzungskonzepts und der Suche nach Investoren für das Olympia-Gelände beauftragt. Auf einer Pressekonferenz der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bund und Senat erklärte Sport-Staatssekretär Klaus Löhe gestern, die Dienstleister hätten durch beeindruckende Präsentation und überzeugende Referenzen das einstimmige Votum bekommen. 22 Unternehmen hatten sich an der europaweiten Ausschreibung beteiligt.
Die Suche nach einem privaten Projektentwickler war notwendig geworden, da sich weder Bund noch Land angesichts leerer Kassen in der Lage sahen, das denkmalgeschützte Ensemble aus Olympiastadion, Maifeld, Waldbühne und Sportforum zu sanieren. Die Kosten allein für das Stadion waren von Gutachtern mit etwa 600 Millionen Mark veranschlagt worden.
Das bundeseigene, ca. 130 Hektar große Gelände wird – vorbehaltlich einer Zustimmung des Senats Anfang kommender Woche – Dr. Seebauer & Partner kostenlos zur Vermarktung überlassen. Bis zum Ende dieses Jahres muß in der ersten Planungsstufe ein Konzept für eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung vorgelegt und sollen erste Investorenkontakte geknüpft werden. Das Konzept „soll nicht visionär sein, es soll umsetzbar sein“, betonte Löhe. In der zweiten Stufe wird dann im kommenden Jahr das Investorenauswahlverfahren folgen.
Unpräzise waren indes die Aussagen von Bundes- und Landesvertretern in bezug auf konkrete Nutzungspläne und Fragen des Denkmalschutzes. Löhe betonte, daß ein attraktives Angebot gebraucht werde, das Investoren dazu bringe, sich dort anzusiedeln. „Eine Art Vergnügungspark mit Gewerbe, Sport- und Freizeitangeboten“ sei vorstellbar, auch ein „Betreiberkonzept“, erklärte er. Nach vorläufigen Berechnungen der Münchner Dienstleister müssen pro Tag etwa 15.000 bis 20.000 Menschen zum Olympia-Gelände gelockt werden, damit es sich für potentielle Investoren lohnt.
In jedem Fall aber sollten die Investoren nicht nur „das Drumherum aufbauen“, sondern sich auch Gedanken um das Olympiastadion selbst machen, sagte der Staatssekretär. Unklar blieb, ob die marode Sportarena aus dem Jahre 1936 vollständig saniert oder ein neues Stadion gebaut wird. Laut Löhe muß es Absprachen zwischen Seebauer, Sportverwaltung und Denkmalpflege geben. „Man muß schon das eine oder andere zulassen“, erklärte er. Vor allem große Teile des ehemals britischen Geländes auf der Nordseite sollten nach seiner Vorstellung aus dem Denkmalschutz herausgenommen werden.
Unterdessen forderte der sportpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Dietmar Volk, die sportlichen Nutzungsmöglichkeiten des Geländes genauso zu beachten wie die kulturhistorischen Komponenten. Matthias Stausberg
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