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Rot-Grün torpediert sich selbst

Garzweiler II: Entspannungssignale von SPD-Vizechefin Behler. SPD-Fraktionschef Matthiesen keilt zurück. Auch grüne Fundis mobilisieren die Basis  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Beim Kampf um die rot-grüne Koalition in Düsseldorf sind die Koalitionsgegner in beiden Parteien eifrig bemüht, alle Entspannungssignale und Lösungsmöglichkeiten beim Streit um den geplanten Braunkohletagebau Garzweiler II zu torpedieren. Gestern ging SPD-Fraktionschef Klaus Matthiesen per Brief auf die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende und Schulministerin Gabriele Behler los. Matthiesen ist wütend darüber, daß die Rau- Stellvertreterin in einem Brief an die beiden Vorsitzenden der nordrhein-westfälischen Grünen, Barbara Steffens und Reinhard Priggen, deutliche Signale zur Lösung des Dauerstreits um Garzweiler II ausgesandt hatte.

Dabei geht es vor allem um den jetzt zur Genehmigung anstehenden Rahmenbetriebsplan, über den das Bergamt in Düren noch in diesem Jahr entscheiden will. Während Matthiesen in den letzten Wochen und Monate immer zu suggerieren suchte, daß mit einer Genehmigung dieses Plans das umstrittene Projekt quasi in trockenen Tüchern sei, verwies Behler ausdrücklich auf die Rückholbarkeit des Projekts.

Unter Verweis auf die Genehmigungslage schrieb die Schulministerin den grünen Parteisprechern wörtlich, daß der Betreiber bei Garzweiler II „eben nicht die von ihm aus durchaus verständlichen Gründen gewünschte Planungssicherheit über mehrere Jahrzehnte bekommen konnte. Der Betreiber weiß also von Anfang an, daß Entwicklungen eintreten können, die nicht nur bestimmte Teile des Tagebaus unmöglich machen.“

Die bisher erteilte und vom Landesverfassungsgericht bestätigte Grundsatzgenehmigung sei „im Gegensatz zu vielen anderen Großprojekten“ so formuliert, daß sie „keine Sackgasse ohne Wendekreis beschreibe“ und ausdrücklich die „Rückholbarkeit“ des gesamten Projektes vorsehe, wenn sich die energiewirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Grundannahmen als nicht haltbar herausstellten. Diese „Rückholbarkeit“ dürfe auch nicht durch den Rahmenbetriebsplan ausgehebelt werden, so Behler.

Welche rechtlichen Bindungswirkungen der Rahmenbetriebsplan entfaltet, ist unter Juristen umstritten. Nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts komme dem Plan „nicht die Funktion zu“, dem Betreiber Rechts- und Investitionssicherheit zu verschaffen, glaubt etwa die Bielefelder Umweltrechtsexpertin Gertrude Lübbe-Wolff. Auch einen Schadensersatzanspruch begründe der Plan noch nicht.

Daß selbst Matthiesen sich früher in seiner Funktion als Umweltminister in diesem Sinne geäußert habe, versucht Behler in dem Brief an die Grünen durch ausführliche Zitate zu belegen.

Der Widerspruch des SPD- Hardliners kam prompt. Mit „unvollständig wiedergegebenen Zitaten“, so Matthiesen an seine Genossin, erwecke sie falsche Eindrücke. Das von ihm uneingeschränkt verteidigte „Ja zum Tagebau Garzweiler“ sei in den letzten Tagen schon genug „durch mißverständliche Äußerungen abgeschwächt worden“. Diese „Irritationen“ müßten endlich „beendet werden“.

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