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Londoner Gericht läßt Vergewaltiger-Klage zu

■ Ein verurteilter Vergewaltiger verklagt aus dem Gefängnis eine Frau, die er seit Jahren belästigt, wegen Verleumdung. Sie schmälere seine Chancen auf Freilassung. Die Ehefrau Tony Blairs vertritt ihn

Dublin (taz) – Mehr als 15 Jahre lang hatte der wegen mehrfacher, zum Teil brutaler Vergewaltigung zu lebenslanger Haft verurteilte David Daniels die 38jährige Bankangestellte Lynne Griffiths aus Cwmgorse mit Anrufen und Briefen terrorisiert. Jetzt darf er sie wegen Verleumdung verklagen, weil sie sich über ihn bei der Polizei beschwert hat. Ein Londoner Gericht entschied vorgestern, Daniels' Klage gegen Griffiths zum Prozeß zuzulassen.

Die Kosten für das bisherige Verfahren, umgerechnet mehr als 150.000 Mark, wurden Griffiths aufgebürdet. Da es bei solchen Fällen in Großbritannien keine Rechtshilfe gibt, muß sie darüber hinaus ihre eigenen Kosten für das anstehende Verleumdungsverfahren tragen. Daniels hat inzwischen sein Haus verkauft, um sich den Prozeß leisten zu können.

Die Sache begann 1981, als Daniels in einem Zeitungsladen im walisischen Fforestfach angestellt war. Die damals 22jährige Lynne Griffiths kaufte dort morgens ihre Zeitung, da der Laden direkt neben der Bank lag, wo sie arbeitete. Sie sei immer freundlich zu ihm gewesen, sagt sie, aber von einer „romantischen Beziehung“, die David Daniels unterstellt, könne keine Rede sein. Zwei Jahre später wurde Daniels wegen einer Vergewaltigung und drei versuchten Vergewaltigungen zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte eins der Opfer mit Messerstichen verletzt, einer anderen Frau hatte er gedroht, ihr die Brüste abzuschneiden.

Griffiths gehörte nicht zu den Opfern, doch auch aus dem Gartree-Gefängnis in Liverpool bombardierte Daniels sie weiterhin mit Briefen. 1992 wandte sie sich an die Polizei und erklärte, sie fürchte um ihre Sicherheit, sollte Daniels jemals entlassen werden. Als er davon erfuhr, reichte er Verleumdungsklage ein: Griffiths habe seine Aussichten auf Begnadigung zunichte gemacht, obwohl er ihr nie etwas getan habe.

Das Gericht bescheinigte ihm aber „geistige Unbeständigkeit“ und eine „pathologische Obsession“. Er sei eine Gefahr für Griffiths, die Klage wurde nicht zugelassen. Sie sei ein Mißbrauch der Justiz, argumentierten die Richter damals. Das Londoner Berufungsgericht entschied vorgestern jedoch anders.

Sie sei „bestürzt und geschockt“, sagte Griffiths nach dem Urteil. Ihr Anwalt Christopher Vosper hatte argumentiert, die Verleumdungsklage sei „Beweis für Daniels' Besessenheit“: Er benutze die Gerichte, um Griffiths zu sehen und im selben Raum zu sein wie sie. Er beantragte, die Gerichtskosten bis zum Ende des Verleumdungsprozesses auszusetzen, da es Daniels offenbar auch darum gehe, Griffiths in den finanziellen Ruin zu treiben.

Daniels Anwältin Cherie Booth, die Frau des britischen Premierministers Tony Blair, sieht in Griffiths Verhalten dagegen den Tatbestand der Verleumdung erfüllt. Nachdem Griffiths gegenüber der Polizei die Befürchtung geäußert hatte, das nächste Opfer von Daniels zu werden, sollte er freikommen, wurde sein Begnadigungsgesuch abgelehnt. Um festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen gebe, müsse Daniels' Klage zum Prozeß zugelassen werden, sagte Booth. Ralf Sotscheck

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