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„Hier wird rücksichtslos durchgepeitscht“

Elbvertiefung: Erster Tag der öffentlichen Erörterung von 650 Einwendungen  ■ Von Heike Haarhoff

Anträge zum Protokoll. Sachverständigenfragen. Und immer wieder Nachschlagen in 38 prall gefüllten Aktenordnern über die Elbvertiefung von Hamburg bis zur Nordsee. Ihre vermeintliche ökonomische Notwendigkeit. Ihre ökologischen Risiken.

Den ganzen Vormittag geht das schon so in der Messehalle in Schnelsen – ein Gesprächs-Pingpong um Paragraphen und Verfahrensfragen zwischen dem Amt für Strom- und Hafenbau als Antragstellerin und Umweltschutzverbänden, Gemeinden und Elbfischern, die sich gegen das Ausbaggern des Stroms für die großen Containerschiffe wehren: Gestern begann die einwöchige Erörterung der 650 Beschwerden und Einwendungen gegen die Elbvertiefung.

Politisch ist das umstrittene 210-Millionen-Mark-Projekt bereits durch: Rotgrün Hamburg und Schleswig-Holstein haben es gebilligt, das SPD-regierte Niedersachsen auch und Bonn sowieso. „Sicher“, räumt BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch ein, „das Anhörungsverfahren ist eine Farce“. Das Amt für Strom- und Hafenbau ist zugleich antragstellende und genehmigende Instanz. Und „erste Teilmaßnahmen“, wie die Behörde die erste Etappe der Vertiefung um 50 Zentimeter auf einer Strecke von 100 Kilometern beschönigend nennt, dürfen nach dem Wasserstraßengesetz ohnehin schon in den nächsten Tagen ohne förmlichen Genehmigungsbeschluß durchgeführt werden. Weil sie angeblich „keine wesentlichen Wasserstandsänderungen verursachen“, weigert sich das Amt, sie auf dem Erörterungstermin zu thematisieren. Herbert Nix vom „Förderkreis Rettet die Elbe“tobt: „Hier soll rücksichtslos durchgepeitscht werden.“

Trotzdem will auch Manfred Prügel vom Naturschutzbund (Nabu) „weitermachen, weil wir ein Korrektiv brauchen“. Durch die Vertiefung der Fahrrinnen von 12,80 auf 13,80 Meter – der sechsten in diesem Jahrhundert – würden Strömungsgeschwindigkeit und Sturmflutrisiko steigen, würden Watten, Auen, Wassertiere und seltene Pflanzen wie der Schierlings-Wasserfenchel bedroht. Prügel hofft vor allem auf den Erfolg seiner Klage in Brüssel: Hamburg, so sein Vorwurf, hätte den Lebensraum des Wasserfenchels längst laut EU-Richtlinie unter Naturschutz stellen müssen.

Es gibt ökologischen Ausgleich für den Eingriff, hält die Stadt dagegen. Wo denn? Wer zahlt das? Die Naturschützer sind skeptisch. Ohnehin seien die Daten der Tiere und Pflanzen, die unter der Vertiefung zu leiden haben, „viel zu oberflächlich erfaßt worden“, warnt Karsten Hinrichsen, Elbe-Anwohner aus Brokdorf. Herbert Nix bestreitet derweil die ökonomische Notwendigkeit der Vertiefung: „Sie dient nicht dem Allgemeinwohl, sondern nur einzelnen Reedern.“

Die Anhörung ist bis zum Freitag terminiert.

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