■ Kommentar: Geschichte bannen
Es ist keine Frage, das Foyer der Humboldt-Universität gleicht einer grau gewordenen Maus. Der rote und schwarze Marmor ist stumpf geworden, die Fenster sind mit DDR-Wachschutzräumen verbaut, die goldene Marx-Inschrift liegt mehr im Schatten, als daß sie leuchtet. Doch deshalb dort mit eisernen Besen kehren oder gar die Abrißbirne schwingen zu wollen, bedeute nur mehr, Geschichte zu bannen, statt sie wieder zum Glänzen zu bringen. Wer immer über die Demontage eines qualitätsvollen Innenraums der DDR-Architektur nachdenkt, begibt sich in die Ecke der ideologischen Entsorger. Darüber hinaus ist in Zeiten extremer Mittelknappheit die millionenteure Entfernung des Marmorsaals mit der speziellen DDR-Variante der „Feuerbach-These“ unakzeptabel. Der Umbau eines funktionierenden Foyers und Zeugnisses der Wiederaufbaujahre kommt in Zeiten radikaler Kürzungen für notwendige Hochschulbauten einer Farce gleich. Wer anstelle wichtiger Bildungseinrichtungen lieber auf Repräsentationshallen setzt, hat jeden Maßstab zur Wirklichkeit und zu den Bedürfnissen der Studierenden verloren. Daß es einfacher und ohne Tiefenentrümmerungen geht, das Foyer mit geschickter Sanierung wieder aufzupolieren, ist dagegen auch keine Frage. Rolf Lautenschläger
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