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Keinerlei Berührungsängste

■ Öffentlich-private Allianz: MDR-Tochterfirma will mit einer Kirch-Tochter zusammengehen

Udo Reiter ist ein richtiger Gründervater. Der Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), derzeit auch Chef der ARD, hat in den vergangenen Jahren fleißig Tochterfirmen aufgemacht. Sie handeln mit Filmen, produzieren Sendungen oder stellen die Technik für den Kinderkanal bereit. All diese Firmen sollen den MDR „flexibel“ halten, denn sie müssen nicht die Sozialleistungen und Kündigungsfristen einer ARD-Anstalt bieten und sich nicht so genau von Rechnungshöfen, Rundfunk- und Verwaltungsräten in die Bücher sehen lassen.

Einige der Tochtergesellschaften will der MDR mit Privatkapital ausstatten. So ist das etwa bei der Leipziger drefa Produktion- und Lizenz GmbH. „Wir überlegen“, sagt Reiter, „ob wir einen Partner mit ins Boot holen.“ Allein an Deck der öffentlich-rechtlichen Tochter könnte ein unerwartetes Gesicht auftauchen: Leo Kirch. Derzeit verhandeln die MDR-Verantwortlichen über eine Beteiligung der Neuen Deutschen Filmgesellschaft (NDF), die zu 77 Prozent der Kirch-Gruppe gehört. Mit wieviel Prozent sich die NDF in die MDR-Tochter einkaufen könnte, ist nicht zu erfahren.

Geschäftsführer Manfred Füting betont, die NDF habe immer schon für öffentlich-rechtliche Sender gearbeitet. Die Kirch-Firma habe für das ZDF „Das Erbe der Guldenburgs“ und das „Forsthaus Falkenau“ sowie für die ARD die Serie „Adelheid und ihre Mörder“ gedreht, produziere aber auch für RTL, das zum Bertelsmann- Konzern gehört. „Wir verstehen uns nicht so sehr als Abgesandte der Familie Kirch“, beteuert Füting.

Die drefa hat laut einer Vorlage des MDR-Rundfunkrates die Geschäftszweige Lizenzen, Film- und Videoproduktionen, aber auch den Videotext, den der MDR seit einem Jahr ausgelagert hat. Daß eine ARD-Anstalt mit einer Kirch-Firma derart eng kooperiert, könnte ein einmaliger Schritt sein. Nur das ZDF ist bisher so weit gegangen, als es im Mai mit dem Münchner Geschäftsmann das Unternehmen Krimitel aufmachte, die ZDF-Produktionen wie „Derrick“ oder „Der Alte“ zum Recycling an Kirchs Digitalfernseh- Paket DF 1 liefert.

Dagegen werden in Teilen der ARD Geschäfte mit Kirch skeptisch beurteilt. Als jüngst ein geplanter Filmhandel des ZDF mit dem Münchner Unternehmer bekannt wurde, stänkerten ARD- Funktionäre hinter vorgehaltener Hand. Grund für den Argwohn ist, daß die Öffentlich-Rechtlichen doch eigentlich nicht Geschäftspartner, sondern Gegengewicht zum Münchner Medienmogul sein wollen, der das digitale Fernsehzeitalter am liebsten allein beherrschen würde. Georg Löwisch

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