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Kartellamt mischt sich ins Pay-TV ein

■ Berliner Kartellwächter schreiben an die EU: Sie wollen die Zusammenarbeit von Kirch und Bertelsmann selbst prüfen

Freiburg (taz) – Nach der EU- Kommission werfen nun auch die Wettbewerbshüter vom Bundeskartellamt in Berlin den Fernsehunternehmern Kirch und Bertelsmann Stöckchen zwischen die Beine. Dabei gehe es um das geplante Zusammengehen der beiden Konzerne beim Pay-TV-Sender Premiere, sagte eine Sprecherin des Bundeskartellamts gestern der taz.

Kirch und Bertelsmann wollen gemeinsam mit der Deutschen Telekom durch Milliardeninvestitionen in Deutschland das digitale Pay-TV einführen. Zum einen verständigten sich die drei Unternehmen auf einen Decoderstandard – die von Kirch entwickelte d-Box. Zum anderen wollen Kirch und Bertelsmann den Pay-TV-Sender Premiere zu je 50 Prozent besitzen und gemeinsam ins digitale Zeitalter führen.

Das Bundeskartellamt leitete der EU-Kommission nun eine kritische Stellungnahme zu. Die könnte bewirken, daß die EU das Verfahren nach Berlin verweist. Die Kartellwächter dort sind der Auffassung, daß die Digital-TV- Allianz in erster Linie den deutschen Markt betrifft.

Aufgrund der hohen Umsätze, die Kirch und Bertelsmann erwirtschaften, war das Verfahren aber zunächst automatisch nach Brüssel gegangen. Die Stellungnahme sei aber weniger als ein Kompetenzgerangel zu verstehen denn als ein Nachdoppeln. „Wir bringen unsere Kritik ein, damit die Kommission da genau hinguckt, wo es uns wichtig ist“, sagte die Sprecherin.

Was das ist, hatte Kartellamtspräsident Dieter Wolf bereits im November auf einer Tagung in Kiel erklärt. Er befürchtet nämlich, daß mit der Digital-Allianz im Pay-TV auch im kostenlosen Free-TV der Wettbewerb zwischen Kirch (unter anderem Sat.1 und Pro7) und Bertelsmann (RTL) flöten geht.

Eine Zusammenarbeit wird hier zwar von den Unternehmen vehement abgestritten. Doch Wolf kontert: Beispielsweise bei Filmkäufen für das Pay-TV hätten die Konzerne ja immer genau „im Auge“, was sie für das Free-TV brauchen.

EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert, der die Allianz prüft, verfügte, daß die Zusammenarbeit ruhen muß, damit keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Premiere hatte deswegen vorige Woche – mitten im Weihnachtsgeschäft – die Vermarktung der d-Box einstellen müssen.

Zugunsten des Digital-Kartells hatte zuvor auch Kirch-Freund Helmut Kohl interveniert. Indes erhielt die Stellungnahme des Kartellamts nun die offizielle Zustimmung des Bonner Wirtschaftsministeriums. Georg Löwisch

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