: Datenschützer gegen Handy-Observation
Telefongesellschaften dürfen Aufenthaltsort ihrer Handy-Besitzer prinzipiell nicht weitergeben. Telekom-Tochter T-Mobil informiert Polizei, Justiz und Nachrichtendienst 2.000mal pro Monat über ihre Kunden ■ Von Christian Füller
Berlin (taz) – Der Datenschutzbeauftragte des Bundes ist „sehr erstaunt“ über die Speicherungspraxis des Mobiltelefonunternehmens T-Mobil. Es gebe keine „rechtliche Ermächtigung“, die sogenannten Bewegungsdaten von Handy-Besitzern pauschal für zwei Tage zu speichern, sagt Helga Schumacher, die Sprecherin der Institution, die in Deutschland über das Recht auf unbeobachtete Kommunikation wacht. T-Mobil- Sprecher hatten erklärt, das zur Telekom gehörende Unternehmen dokumentiere 48 Stunden lang die Aufenthaltspositionen seiner 3,4 Millionen TeilnehmerInnen (siehe auch taz von gestern).
Tragbare Telefone senden permanent Signale an die Funkbasen der Telefongesellschaften. Die TeilnehmerInnen werden dadurch funktechnisch erreichbar – gleichzeitig ist deren Aufenthaltsort bis auf einen Umkreis von drei Kilometern lokalisierbar. Die Funksignale gehen selbst dann ab, wenn das Telefon nur auf Empfang geschaltet ist. Wird gesprochen, ist die Position des Telefonierenden sogar bis auf 100 Meter genau zu ermitteln. Da die Sicherheitsbehörden sich Zugang zur elektronischen Dokumentation von Telefongesprächen verschaffen können, macht das eine relativ genaue Beobachtung der Handy-Nutzer möglich. „Da kann man auch fragen, wieso nicht gleich jeder einen Chip eingesetzt bekommt“, beschreibt Datenschutzsprecherin Schumacher ein extremes Überwachungsszenario. In der Bundesrepublik sind über acht Millionen Handys in Betrieb.
Die Sprecherin von T-Mobil, Susanne Sperling, korrigiert auf Nachfrage, daß Bewegungsdaten lediglich „bis zu“ 48 Stunden gespeichert würden. Dies sei notwendig, um Störungen oder Telefonbetrug rechtzeitig feststellen zu können. Die Datenschutzverordnung beschränkt die Speicherung und Verarbeitung von Bewegungsdaten allerdings auf Einzelfälle. Die Regulierungsbehörde für die Telekommunikation und der Datenschutz müssen davon „unverzüglich in Kenntnis“ gesetzt werden.
Die Telefonkunden sollen sich auf die Vielfalt der Kommunikationsmöglichkeiten freuen, die der Fall des Telekom-Monopols ab morgen bringen soll. Den Datenschützern bereitet das Kopfzerbrechen. Die beiden Konkurrenten von T-Mobil, Mannesmann-Mobilfunk und e-plus, verweigerten gestern die Auskunft über die Zusammenarbeit mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Nachrichtendiensten. Nicht einmal die Zahl der Ermittlungsersuchen wurde herausgegeben. „Dazu geben wir keine Auskünfte“, sagt Claas Sandrock, Sprecher von e-plus.
Der Datenschutz registrierte 1996 6.300 abgehörte Telefone, davon 2.000 Handys. Die Zahl der Auskünfte über sogenannte Bestandsdaten (Name, Telefonnummer, Adresse) und Verbindungsdaten (Gesprächspartner, -dauer) liegt aber weit höher. Allein T-Mobil gibt 2.000mal pro Monat solche Daten an Ermittlungsbehörden weiter, so Sperling.
In der Schweiz sorgt die Speicherung detaillierter Datensätze über Mobilfunkgespräche für Aufregung. Die Swisscom gab ganze Bewegungsprofile an Ermittlungsbehörden weiter.
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