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Rechtsradikale im Jahr gegen Rassismus aktiver denn je

■ Jüdische Gemeinde beklagt Hilflosigkeit der Politik gegenüber neonazistischen Straftaten. Grabstein-Schändung als schlechtes Omen zum Jahreswechsel. Auch PDS zieht negative Bilanz

Die deutsche Öffentlichkeit steht nach Ansicht der Jüdischen Gemeinde Berlin der steigenden Zahl rechtsradikaler Straftaten zunehmend hilflos gegenüber. Der Gemeindevorsitzende Andreas Nachama erklärte, Juden in Deutschland beobachteten mit großer Sorge diese Hilflosigkeit, die nicht in Gleichgültigkeit umschlagen dürfe.

„Das Jahr 1997 ist gekennzeichnet von einer stetig steigenden Zahl rechtsradikaler Straftaten – darunter Angriffe gegen Personen innerhalb von Gedenkstätten, Sachbeschädigungen, Friedhofsschändungen bis hin zum Wiederaufleben neonazistischen Gedankenguts in der Bundeswehr“, sagte Nachama. Die Politiker stünden „in der Pflicht, der wachsenden rechtsradikalen Bedrohung mit allen Mitteln entgegenzutreten“.

Mit Empörung und Abscheu habe die Jüdische Gemeinde die Zerstörung eines Grabsteins zum Gedenken an die ermordetetn Berliner Juden in der Großen Hamburger Straße im Bezirk Mitte aufgenommen. Die Tat sei ein schlechtes Omen zum Abschluß des Jahres und ein vorläufiger Höhepunkt einer beunruhigenden Kette rechtsradikaler Vorkommnisse, sagte Nachama.

Erst jetzt sei bekanntgeworden, daß auch das Mahnmal am S-Bahnhof Grunewald beschmiert worden ist. Der Grabstein müsse umgehend wiederhergerichtet werden.

Auch die Berliner PDS-Landesvorsitzende Petra Pau appellierte, rechtsextreme Tendenzen nicht länger zu verharmlosen. Sie zog eine negative Bilanz des „europäischen Jahrs gegen Rassismus“. Das Jahr habe mit einer deutlichen Zunahme ausländerfeindlicher und rechtsextremer Gewalttaten geendet. Das Attentat des Berliner Neonazis Kay Diesner auf einen der PDS nahestehenden Buchhändler im Februar habe gezeigt, wie schnell die „law and order“- Politik der Berliner CDU in die Nähe eines Milieus gerate, das sie eigentlich politisch bekämpfen müßte. Diesner war für den Mord an einem Polizisten und Mordversuch an dem Buchhändler sowie einem weiteren Polizisten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. dpa

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