Press-Schlag: Keine Nörgeleien mehr
■ Die Fußballerinnen des Bundesligisten Eintracht Rheine machen sich selbständig
Von wegen Winterpause. In der Bundesliga der Fußballfrauen tut sich auch außerhalb des Spielgeschehens Bedeutendes. So haben beim FC Eintracht Rheine die Balltreterinnen beschlossen, den Verein zu verlassen und ihren eigenen Klub aufzumachen. Am 1. April startet der 1. FFC Rheine, ein reiner Frauen-Fußballverein. Bisher hatte lediglich der SC Klinge Seckach aus Baden einen solchen Schritt unternommen, als er sich 1981 vom SV Schlierstadt löste.
Damals ging es ums Geld. Die erfolglosen Männer wollten sich auf Kosten der sportlich und wirtschaftlich besser dastehenden Frauen sanieren. Diese aber flüchteten in die Selbständigkeit. Mit Erfolg: der SC Klinge, Heimatverein von Rekordnationalspielerin und DFB-Trainerin Silvia Neid, ist seit Jahren die Nummer eins im badischen Frauenfußball und schaffte 1996 sogar den Sprung ins Pokalfinale.
In Rheine will zwar niemand den Frauen in die Kasse greifen, doch auch hier hat die Trennung mit mangelnder Anerkennung zu tun. So recht geheuer war das erfolgreiche Treiben der Frauen dem Restverein nicht. „Es gab ständig Nörgeleien und kleinere Streits“, sagt Alfred Werner, Manager und Trainer der Fußballfrauen. Sein Team stand im letzten Jahr im Finale um den DFB-Pokal, wo zwar gegen Grün-Weiß Brauweiler verloren, an Image und Sponsorenunterstützung aber deutlich gewonnen wurde. Der mit 1.300 Mitgliedern recht große Verein habe den Frauen regelrecht nahegelegt, zu gehen, sagt Werner. Dies wurde jetzt einstimmig beschlossen und mit nur einer Gegenstimme von der außerordentlichen Generalversammlung bestätigt. „Der Vorstand hatte ständig Erklärungsnöte, warum es den Frauen gelingt, Europameisterin Kerstin Stegemann trotz lukrativer Angebote zu halten und mit Claudia van Lanken eine weitere Nationalspielerin zu holen, während die es nicht einmal schaffen, einen halbwegs gestandenen Oberligaspieler zu organisieren“, erläutert der Trainer.
Die Art, wie die Frauen ihren Einzug ins Pokalfinale sechsstellig vermarkten konnten, hatte vereinsintern eher Unverständnis zur Folge. „Obwohl wir eigenständig wirtschaften, meinen viele, sie hätten sich nun eines Kostenfaktors entledigt“, sagt Werner, der wirtschaftlich keine Probleme für die selbständige Zukunft sieht: „Das ist vielmehr eine riesige Chance für uns. Wir können uns ungehindert entsprechend unserer Leistung vermarkten, in einem Gesamtverein hat man diese Garantie nicht.“ Der Wechsel zum 1. April und nicht erst zum Saisonende sei mitnichten ein werbewirksamer Scherz, sondern geschehe aus organisatorischen Gründen, um rechtzeitig die Weichen für die nächste Spielzeit stellen zu können.
Gut möglich, daß sich der schwergewichtige Manager dann gleich doppelt freuen kann. „Es existieren bereits interessante Wirtschaftskontakte mit längerer Perspektive neben den bisherigen Sponsoren“, verrät Werner, der schon beim Pokalfinale der Kleiderordnung des DFB einen Streich spielte. Über bedruckte Stirnbänder kam ein zweiter Partner neben dem Trikotsponsor aufs Feld und damit ins Fernsehen.
Der zweite Trumpf wird am 2. April ausgespielt. Dann bestreitet das Nationalteam sein erstes Heimspiel 1998. WM- Qualifikationsgegnerinnen sind die Niederlande, die das Hinspiel gegen die Europameisterinnen mit 1:0 gewonnen haben. Das Match, das dadurch beträchtlich an Attraktivität gewonnen hat, findet in Rheine statt. Eine glänzende Gelegenheit für Alfred Werner, als Cheforganisator den neuen 1. FFC ins beste Licht zu rücken. Rainer Hennies
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