: Marktwirtschaft hat immer Vorrang
Daß Arzneimittelhersteller etwas dagegen haben, wenn Sinn und Zweck ihrer Produkte hinterfragt werden, gehört zum Alltag der Pharmaszene. So wurde 1995 auf Druck des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) die von Minister Seehofer zwei Jahre zuvor auf den Weg gebrachte Positivliste von ihm selbst wieder kassiert. Die Liste enthielt eine Auswahl von 20.000 empfehlenswerten Medikamente.
Auch die Veröffentlichung der sogenannten 2004er Liste läßt auf sich warten, nachdem es dem Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) vor über einem Jahr schon gelungen war, Horst Seehofer dazu zu bringen, der zuständigen Behörde – dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – die Veröffentlichung zu untersagen. In dieser Liste sind jene 2.500 Altmedikamente enthalten, für die noch keine Prüfung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) erfolgte. Dennoch dürfen sie bis 2004 verkauft werden.
Auch bei außergerichtlichen Vergleichen wegen Arzneimittelschäden werden häufig auf Drängen der Pharmahersteller Verschwiegenheitsklauseln vereinbart: Die Geschädigten verpflichten sich, keine Details über den Grund Ihrer Schadenersatzansprüche an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Dadurch werden wichtige Arzneiinformationen unterdrückt. Wegen der Häufung solcher Vorfälle fordert das Berliner Arznei-Telegramm jetzt ein Gesetz über die Informationsfreiheit von Arzneimitteln. frh
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