: Ein ehrenwertes Haus: Türken unerwünscht
■ Hausverwalter storniert Mietvertrag mit Türkischem Zentralverband / Er will „ordentliche Mieter“
Das Hochhaus am Breitenweg 1a ist – um mit Udo Jürgens zu sprechen – ein „ehrenwertes Haus“. Rechtsanwälte, Architekten und Versicherungsmakler residieren hier gegenüber dem Hauptbahnhof. Nur der Türkische Zentralverband ist unerwünscht – und zwar trotz gültigen Mietvertrags. „Wir haben solange dafür gekämpft, daß das hier ein ordentliches Bürohaus mit ordentlichen Mietern wird. Jetzt haben wir Angst, daß alles kaputtgeht“, sagt Andreas Bölts, Hausverwalter für die linke Haushälfte am Breitenweg 1. Er will den mündlich geschlossenen Vertrag mit dem Türkischen Zentralverband, in dem 21 Vereine mit rund 4.000 Mitgliedern organisiert sind, rückgängig machen.
Zwei Jahre lang standen die 175 Quadratmeter großen Räume im fünften Stock des Hauses leer, bevor der Zentralverband Mitte Dezember mit dem Hausverwalter B. handelseinig wurde. Seit 20 Jahren betreut der Steuerberater, der namentlich nicht genannt werden möchte, die rechte Haushälfte am Breitenweg 1a. Nachdem er jetzt die Räume allerdings dem Türkischen Zentralverband für eine Warmmiete von monatlich 2.000 Mark zugesagt hat, kündigten ihm die Eigentümer fristlos aus „wichtigem Grund“.
„Der Hausverwalter hat kein Fingerspitzengefühl bewiesen“, sagt Bölts im Namen der Eigentümergemeinschaft, die aus einer Versicherung und zwei Privatpersonen besteht. Bei dem Gebäude handele es sich um ein „reines Bürohaus“, das abends um 19 Uhr geschlossen werde. Da die meisten Veranstaltungen des Verbandes abends stattfänden, könne man nicht an eine solche Organisation vermieten. „Außerdem“, sagt Bölts weiter: „Das wissen Sie doch auch selbst, daß diese Kulturkreise eine andere Auffassung haben, was zum Beispiel die Sauberkeit angeht.“Im übrigen hätten die anderen Mieter Angst vor „Einbrüchen“und vor gewaltsamen Ausschreitungen. Daß der Zentralverband rechtsextreme Gruppen schon vor drei Jahren ausgeschlossen hat, sich von der PKK distanziert, und vor allem türkische Sport- und Moschee-Vereine beherbergt, ist für Bölts kein Argument. „Die gehören nicht in so ein Haus. Schließlich haben wir hier namhafte Anwälte als Mieter.“
Einer dieser Anwälte ist Dr. Hermann von Hove. „Ich habe keine Bedenken gegen den Zentralverband. Da muß man schon tolerant sein.“Auch Mieter Volker Cramer hätte nichts gegen türkische Nachbarn: „Warum soll ich was dagegen haben? Ich muß die Leute doch erstmal kennenlernen“, sagt der Holzagent und fügt hinzu: „Ich finde es schlimm und traurig, daß es solche Tendenzen schon wieder in Deutschland gibt.“Das sieht auch Gerhard Vaas von der Krankenkasse „Hamburg-Münchener“so: „Wir haben überhaupt keine Probleme damit, wenn der Zentralverband einzieht.“
Der gefeuerte Hausverwalter B. hat von den Mietern ebenfalls „nur positive Rückmeldungen“über den geplanten Einzug des Zentralverbandes bekommen. Er vermutet deshalb, daß die Eigentümer die Mieter vorschieben. Die Versicherung, der das Haus gehört, will an dem Vertrag festhalten. Doch das Haus gehört ihr nur zu 25 Prozent. Die Eigentümerin, der das Haus zur Hälfte gehört, wohnt in Köln und läßt sich von einem Steuerberater vertreten. „Ich bin nur ausführendes Organ“, sagt dieser und verweist an Bölts. Der hat dem Zentralverband jetzt angeboten, neue Räume zu beschaffen. Er hat auch schon eine Idee, wo der Verband besser hinpassen würde: „Wir haben schon Räumlichkeiten an Serben vermittelt. Im Industriegebiet. Die fühlen sich da pudelwohl. Da stören die nämlich keinen.“ kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen