: Liverpools Docker beenden ihren Streik
■ Hafenarbeiter akzeptieren nach fast zweieinhalbjährigem Ausstand Abfindungen
Dublin (taz) – Zwei Jahre, drei Monate und 29 Tage waren sie im Streik. Am Montag akzeptierten die Liverpooler Dockarbeiter ein Abfindungspaket in Höhe von 10 Millionen Pfund. Jeder der 300 Hafenarbeiter erhält 28.000 Pfund und die Zusage, bei „freiwerdenden Stellen berücksichtigt“ zu werden. Vier Fünftel der Docker stimmten für die Annahme des Vorschlages.
Der Streik begann 1995, als die Mersey Docks and Harbour Company (MDHC), deren Hauptaktionär die britische Regierung ist, die Überstundenzulage strich. Wer dagegen protestierte, wurde gefeuert – zunächst waren das 80 Mann. Als die anderen Hafenarbeiter aus Solidarität die Arbeit verweigerten, wurden sie ebenfalls entlassen. Statt dessen heuerte MDHC Streikbrecher an. Seitdem standen die Familienangehörige der geschaßten Docker jeden Morgen als Streikposten an der Hafeneinfahrt.
Hintergrund der Auseinandersetzungen war der Versuch der MDHC, auch in Liverpool den Tagelohn wieder einzuführen. Das hatte die Thatcher-Regierung in den anderen britischen Häfen bereits 1989 durchgesetzt, doch in Liverpool, wo die Docker erbitterten Widerstand leisteten, scheiterte sie damit zunächst. Mit der Beendigung des Streiks gilt nun auch in Liverpool das Prinzip des Tagelohns: Ist kein Schiff da, gibt es auch kein Geld.
Der Streik hatte eine internationale Welle der Solidarität ausgelöst. Am weltweiten Aktionstag vor einem Jahr kam es in 82 Häfen zu Arbeitsniederlegungen und Protestversammlungen. Auch die Rockgruppe Oasis und die beiden englischen Fußballstars Robbie Fowler und Steve McManaman unterstützen die Docker mit Aktionen. In vielen Häfen wurden Schiffe von Reedereien, die Liverpool anliefen, gar nicht oder nur noch schleppend abgefertigt. Dadurch wurden zwei von insgesamt acht Reedereien, die regelmäßig in Liverpool anlegten, in den Bankrott getrieben.
Die Gewerkschaften, die die Docker im Stich gelassen hatten, wollen sich nun endlich um die in Großbritannien legale Praxis kümmern, streikende Arbeiter zu entlassen. Bei Magnet Kitchens, einem Subunternehmen der Berisford-Gruppe, sind 300 Leute bereits seit anderthalb Jahren ausgesperrt. Für übermorgen hat das Unternehmen zum ersten Mal Verhandlungen angeboten. Ralf Sotscheck
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