Grüne gegen Kompromiß

■ Großes Lauschen: Keine Vermittlung

Bonn (AFP/taz) – Mehrere rot-grün regierte Bundesländer werden einer Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Ausführungsgesetz für den Großen Lauschangriff am Freitag im Bundesrat nicht zustimmen.

Der Pressesprecher des Grünen- Bundesvorstands, Harald Händel, sagte gestern in Bonn, die Grünen in Nordrhein-Westfalen und in Sachsen- Anhalt hätten einen solchen Schritt bereits abgelehnt. Der SPD und besonders dem zögernden Bremer Bürgermeister Henning Scherf solle keine „Brücke“ gebaut werden, mit der die erforderliche Grundgesetzänderung gerechtfertigt werden könnte. Auf seiten des Grünen-Bundesvorstands bestehe die Hoffnung, daß die Grünen- Politiker in den anderen drei rot-grünen Landesregierungen – Schleswig- Holstein, Hessen und Hamburg – das Signal aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt verstehen würden.

Der Grundgesetzänderung wollen die rot-grünen Länder ohnehin nicht zustimmen. In den vergangenen Tagen war aber unter anderem durch Äußerungen der grünen Fraktionssprecherin im Bundestag, Kerstin Müller, der Eindruck entstanden, die Grünen-Landespolitiker könnten eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und Bundesrat mittragen. In SPD-Kreisen war daraufhin die Ansicht geäußert worden, es gebe im Bundesrat dafür eine Mehrheit. „Das haben wir erkannt; darum steuern wir gegen“, sagte dazu Händel.

In den rot-grünen Koalitionsvereinbarungen ist jeweils eine Stimmenthaltung vorgesehen, wenn sich die beiden Partner über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat nicht einigen können. Der NRW-Minister für Bundesangelegenheiten, Manfred Dammeyer, hatte gestern klargestellt, ein Ja seines Landes zum Vermittlungsverfahren werde es nur mit Einverständnis der Landes- Grünen geben. Bremens Bürgermeister Scherf hatte angekündigt, er werde die Verfassungsänderung nur mittragen, wenn es ein Vermittlungsverfahren zum Ausführungsgesetz gebe. Ohne die Stimmen der rot-grünen Regierungen ist eine Mehrheit dafür aber fraglich. Der Bremer SPD-CDU-Senat will vor der heutigen Bundesratssitzung sein Abstimmungsverhalten festlegen. Sollten sich alle rot-grünen Länder verweigern, müßte Scherf die Grundgesetzänderung ablehnen – der Große Lauschangriff wäre damit gescheitert. Folge: Die Bremer CDU würde die Koalition beenden. Düpiert wäre SPD- Chef Lafontaine, der für die Zustimmung der Mehrheit der SPD-Fraktion im Bundestag zum Großen Lauschangriff gesorgt hatte.