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Vom Tyrannenmord blieb nur eine Spieluhr übrig

■ Knapp 60 Jahre nach seinem Anschlag auf Adolf Hitler wird jetzt für Georg Elser eine Gedenkstätte eröffnet. Die schwäbische Kleinstadt Königsbronn tat sich schwer mit ihrem Sohn

Berlin (taz) – Viel gibt es nicht, was von Georg Elser ausgestellt werden kann. Von jemandem, der sein bürgerliches Leben aufgibt, um einen Tyrannen zu ermorden, bleiben nur wenige Habseligkeiten übrig: einige Fotos, eine selbstgebaute Spieluhr, eine Zither. Keine schriftlichen Nachlässe, Denkschriften oder Tagebücher, wie sie die Offiziere des konservativen Widerstands hinterlassen haben.

Gut 58 Jahre nach Georg Elsers mißglücktem Attentat auf Adolf Hitler im November 1939 hat seine Heimatstadt Königsbronn eine Gedenkstätte eröffnet, mit der sie den Kommunisten Elser als den vielleicht kosequentesten Gegner des Nationalsozialismus würdigt.

Mehr als ein halbes Jahrhundert hat die schwäbische Kleinstadt schwer an ihrem berühmten Sohn getragen. Daß die Gedenkstätte letztlich zustandegekommen ist, verdankt sie vor allem dem Engagement des privaten Georg-Elser- Arbeitskreises in Heidenheim.

Die Ausstellung „Ich habe den Krieg verhindern wollen – Georg Elser und das Attentat vom 8. November 1939“ steht im Mittelpunkt der Gedenkstätte. Auf schrägen Stelltafeln wird Elsers Leben präsentiert als das Leben eines Aufrichtigen in einer Welt, die aus den Fugen geraten war.

Der unorthodoxe Kommunist Georg Elser hatte 1938 unter dem Eindruck der Sudetenkrise beschlossen, Hitler zu töten. Mit einer Scharfsichtigkeit, der damals niemand folgen wollte, erkannte er, wie verhängnisvoll die Expansionsgelüste des nationalsozialistischen Deutschlands sein würden. Er habe „den Krieg verhindern“ wollen, sollte Elser später im Verhör mit der Gestapo gestehen. Auch der Antisemitismus und die sich verschlechternde Lage der Arbeiterschaft erregten seinen Widerstand gegen das Regime.

Monatelang bereitete sich Elser allein auf das Attentat im Münchner Bürgerbräukeller am 8. November 1939 vor. Mehrere Wochen lang präparierte er eine Säule in dem Veranstaltungsort, in dem seit 1923 Treffen zum Jahrestag des gescheiterten Hitlerputsches stattfanden. Der Anschlag mißglückte. Hitler verließ die Versammlung 13 Minuten früher als kalkuliert.

Beim Versuch, in die Schweiz zu entkommen, wurde Elser zwanzig Meter vor der Grenze festgenommen. Fünf Jahre verbrachte er daraufhin in Isolationshaft in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau, wo er am 9. April 1945 ermordet wurde – nur wenige Wochen vor der Befreiung der Lager.

Die Bedeutung Elsers sei erst spät erkannt worden, sagte der Leiter der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Peter Steinbach, bei der Festveranstaltung am Wochenende. Elser sei diffamiert worden, immer wieder wurde ihm unterstellt, im Auftrag anderer gehandelt zu haben. Als mögliche Auftraggeber galten nicht nur der britische Geheimdienst, sondern auch die NS-Führung selbst. Thekla Dannenberg

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