Erst vertröstet, dann abgetaucht

Ende 1996 wurde um Anzeigen für ein „Frauen-Branchenbuch“ geworben. Das Buch ist immer noch nicht erschienen, dafür ist die Initiatorin und das Geld verschwunden  ■ Von Elke Eckert

Sabine Bauer* ist sauer: „Ich habe ihr vertraut, fast 300 Mark habe ich ihr gegeben! Und ich war bestimmt nicht die einzige, die auf sie reingefallen ist.“ Ende 1996 las die selbständige Geschäftsfrau eine Anzeige in einer Zeitung. „Ein Frauen-Branchenbuch will der Unternehmerinnenkreis Prenzlauer Berg im Februar herausgeben.“

Sie rief unter der Nummer das Büro „Management & Marketing“ im Prenzlauer Berg an. Zwischen 25 Mark und 500 Mark kosteten die Inserate und Anzeigen in dem Branchenbuch. Doch bis heute ist das Frauen-Branchenbuch nicht erschienen. Wie viele Geschäftsfrauen für Anzeigen in dem Buch gezahlt haben, ist nicht zu überschauen.

Zuerst wurde der Erscheinungstermin auf den Sommer verschoben. Angela Sommer, die Geschäftsführerin des Büros, begründete dies zunächst damit, daß sie „noch nicht genügend Inserentinnen“ zusammen habe. Ab Juni 97 versuchte Sabine Bauer immer wieder telefonisch die Leiterin zu erreichen, das Buch erschien auch zu diesem Zeitpunkt nicht. Ab diesem Zeitpunkt sei ihr die Angelegenheit „etwas komisch“ vorgekommen.

Bärbel Galeitzke ist Hebamme und Chefin des Kreuzberger Geburtshauses. Sie hatte über Mitarbeiterinnen der Schokofabrik von dem Projekt erfahren. Nachdem sie bereits im Mai die Rechnung für ihre Anzeige gezahlt hatte, wunderte sie sich im Juli, daß das Buch nicht erschienen war. Von dem Umzug der Büros wurde sie nicht informiert. Über Umwege erfuhr sie die neue Telefonnummer. Obwohl sie von Angela Sommer nur wissen wollte, warum sich der Druck verzögert habe, wurde die Geschäftsführerin „sehr schnell ungehalten und am Schluß sehr laut am Telefon“. Per Einschreiben drohte Bärbel Galeitzke daraufhin, die Anzeige zurückzunehmen, doch Sommer verweigerte die Annahme. Nach einem weiteren Einschreiben im Januar dieses Jahres erstattete Bärbel Galeitzke Anzeige wegen „Verdacht auf Betrug“.

Sabine Bauer hatte Anfang Dezember zum letzten Mal mit der Geschäftsführerin Kontakt. Die vertröstet sie wieder, dieses Mal auf Februar 1998. Im neuen Jahr beginnt die Kundin Nachforschungen anzustellen, sucht das Büro auf. Die Schilder hängen noch an den Eingängen, doch die Büros sind dunkel. Eine Nachbarin erzählt: „Die sind schon lange weg, die haben doch monatelang keine Miete bezahlt.“ Bei der Telekom ist kein Eintrag von Management & Marketing verzeichnet. Im Handelsregister findet sich das Büro auch nicht. Angela Sommer ist wie vom Erdboden verschluckt.

Bei Bärbel Galeitzke haben sich inzwischen drei weitere Geschädigte gemeldet, die auch Anzeige erstatten wollen. Vermutlich gibt es noch weitere. Dafür spricht, daß der Nachmieter der ersten Adresse im Prenzlauer Berg seit seinem Einzug im September „ständig Anrufe“ erhält. Einige wütende Frauen hätten schon vor seiner Tür gestanden und Geld von ihm gefordert. Sogar Morddrohungen habe er schon erhalten.

Durch Zufall taucht eine Handy-Nummer von Angela Sommer auf. Die Gesuchte ist auch am Telefon: Aufgrund „widriger Umstände“ habe sie ihr Büro aufgeben müssen, aber das „ist alles nicht so, wie Sie jetzt vermuten“. Sie wolle niemanden über den Tisch ziehen, eine Computerfirma habe sie betrogen und jetzt stehe sie mit einem Berg Schulden da. „Das Buch wird im ersten Quartal dieses Jahres erscheinen“, beteuert sie. Ihre aktuelle Adresse möchte sie nicht nennen, aber: „Ich bin nicht abgetaucht, die Post wird an mich weitergeleitet.“ Wie viele Frauen schon für Inserate gezahlt hatten, wollte sie „zum jetztigen Zeitpunkt“ nicht sagen. „Ich bin bereit an alle, die das möchten, ihr Geld zurückzuzahlen.“

*Name von der Redaktion geändert