Abc unserer TV-Frauen

Zwischen Buchstabentäfelchen und Hauser – eine Femmage  ■ Von Christoph Schultheis

Der Fernsehapparat – die Glotze. Der Bildschirm – die Mattscheibe. Der Moderator – die Moderatorin? Täglich, wöchentlich, monatlich behelligen weibliche Moderatoren die Netzhaut der Fernsehnation. „Meine Name ist Barbara Eligmann“, sagt Barbara Eligmann, als wäre damit schon alles gesagt. Und tatsächlich: Welche Frauen sind der Fernsehzuschauerschar sonst schon so vertraut wie das Alphabet?

A wie Mo Asumang: Schreibt „frau“ nicht ganz so klein und „Journalistisch“ nicht ganz so groß wie „LiebeSünde“-Vorgängerin und Artikulationswunder Andrea Thilo. Wirkt, als mache sie nur die Urlaubsvertretung. Als mache sie nur Urlaub, wirkt indes Judith Adelhoch und voxtourt derart autark durch die Weltgeschichte, als habe sie den besten Job der Welt. Ist es das, was sie so sexy macht?

B wie Dagmar Berghoff: Für die Karin Tietze-Ludwig der Nachrichtenwelt ist „Walesa“ das schwierigste Wort; für Walter Kempowski ist sie „die hübsche, wie heißt sie noch?“; für Bild & Funk war sie 1990 die beliebteste Nachrichtensprecherin und für den Playboy 1996 immerhin die zweiterotischste „Frau über 50“. Die erotische Desirée Bethge verließ „stern TV“, weil ihr Komoderator Günther Jauch „zuviel Unterhaltung und zuwenig Information“ aus dem Schneideraum orderte. Jetzt moderiert die „abgebrühte Kommandantin einer intergalaktischen Truppe“ (Die Zeit) „Focus TV“. Dabei galt es mal als fragwürdig, ob ein langer Lulatsch mit Halbglatze eine würdige Nachfolge für eine Sendung namens „ZAK“ abgeben könnte... Gabi Bauer (Gabi Bauer?) hat sich indes – noch! – nichts zuschulden kommen lassen.

C wie Christ(ians)en: Wer hätte gedacht, daß sich „ZDF-Fernsehgarten“ und „Tagesthemen“ eines Tages im selben Atemzug nennen ließen? Schließlich hatten beide – Ilona und Sabine – einmal Format beziehungsweise eines, das zu ihnen paßte. Seither ist der Imageverlust weit mehr als nur persönlich.

D wie Anna Doubek: Immerhin hat Deutschlands Frauensender eine Chefredakteurin. Allerdings eine, die erst gefragt wurde, nachdem Kegelklubjournalistin Georgia Tornow nicht zur Verfügung stehen wollte. Etwaige Verdächtigungen, bei tm 3 seien „blaustrümpfige Emanzen“ am Werk, entkräftet sie durch Programmhighlights wie „Hopp und Topp“, „Leben & Wohnen“ und „Reich und Schön“.

E wie Anke Engelke: „Danke, Anke!“ sagt Ingolf Lück. Zu Recht: Ist es doch – und eigentlich seit sie vor 18 Jahren allen Daheimgebliebenen das „Ferienprogramm“ versüßte – Woche für Woche eine Schau, sie zu sehen. Sogar als Talkshowgast. Momentan schustert Harald Schmidts (Noch-) Produktionsfirma ihr „eine Art Late-night-Show“ fürs Nachmittagsprogramm zurecht. Bleibt also zu hoffen, daß wir sie nicht demnächst im selben Atemzug mit Ilona und Sabine nennen müssen. Oder gar mit Barbara Eligmann: Hellmuth Karasek lobt deren Schönheit und Tüchtigkeit und TV Hören und Sehen kürte sie jüngst zur „beliebtesten“ und „glaubwürdigsten“ TV-Moderatorin Deutschlands. Babette Einstmann hingegen bezieht ihre Glaubwürdigkeit vornehmlich aus Joachim Bublaths Doktortitel. Zur Freude aller Trash-Liebhaber schreibt sie als Fernsehansagerin ihre Anmoderationen – mit dem nötigen Knoff-Hoff, versteht sich – weiterhin selbst.

F wie Verona Feldbusch: Bei Interviews läßt sie die Karteikärtchen zu Hause. Und siehe da, plötzlich kann sie, was sie zu sagen hat, auswendig.

G wie Petra Gerster: Veronika Ferres ist Schauspielerin. Als sie kürzlich die Goldene Kamera überreicht bekam, hat sie – geweint (!). Petra Gerster nicht. Obwohl, auch die Gerster ist schließlich ein „gefühlvolles, sanftmütiges Weib, das recht hübsch und ruhig und ein bißchen mollig sein darf“ – genau so eben, wie sich ihr Ehemann in einer Zeit-Annonce seine Mona Lisa wünschte. Apropos mollig: Wenn Harald Schmidt Alida Gundlach („NDR-Talkshow“ zum Beispiel) eine „hohe Akzeptanz in Bahnhofsgaststätten, Sonnenstudios und Frauenhäusern“ bescheinigt, ist das eine fast ebenso große Genugtuung wie damals 1985, als Klaus Kinski zum Gegenschlag ausholte, weil Talktante Alida ihn unablässig antatschte. Dabei war Kinski gar nicht adelig.

H wie Herzblatt: 1. Als das Superweib den Vorgänger Fendrich singend (!) verabschiedete, lag der Verdacht nahe, es könne nicht an gegen die eitle Indifferenz, die der Schmähprofi den Paarungswilligen entgegenbrachte. Und Hera Lind? Kumpelt beim Kuppeln mit den Herzensdamen und verdreht immerhin die Augen, wenn einer der Herzbuben mal wieder nicht weiß, wohin mit seinem Testosteron. (Ein Fortschritt?) 2. Hera überläßt – im Wortlaut – „das Politischsein anderen“. (Nein.) 3. Überläßt die Sendung nach der Sommerpause jemand anderem.

I wie Vera Int Veen: Es scheint, als sei der Weg vom Aushilfsjob auf dem Viktualienmarkt zur (mit)täglichen Talkshow nicht weit. Man muß sich zwischendurch nur als Publikumsanheizerin bei „Herzblatt“ bewährt haben.

J wie Juliane Bartels: Bei ihr war J. B. Kerner Praktikant. Und wenn er bei „III nach 9“ Gast ist, muß er ihr die Hände trocknen – oder darf? Aber natürlich können leider nicht alle so sein wie sie.

K wie Arabella Kiesbauer: „Arabella ist eine wunderschöne Frau. Ich gebe ihr eine Million. Sie gibt sich mir hin“, sagt Ölhändler Prinz Adel Nasser, „das ist doch eine faire Sache.“ Und Arabella sagte zu Rudolf Scharping: „Sie halten mich wohl für völlig bescheuert.“

L wie Monica Lierhaus: War mal Yogurette-Girl. Schrieb jedenfalls die Bild-Zeitung. Die taz schrieb's blitzschnell ab. Doch bewiesen ist nichts. (Sachdienliche Hinweise unter dem Stichwort „Jokiel“ bitte in die Kochstr. 18, 10969 Berlin.)

M wie Linda de Mol (O-Ton): „Frauen mit Brille sind interessant. Aber ich trage lieber Kontaktlinsen.“ Auch einer von jenen Sätzen, die man mehr als einmal lesen muß.

N wie Carmen Nebel: Nicht nur wegen des äußeren Erscheinungsbildes von Meine Melodie zu „Deutschlands Königin der Herzen“ gekrönt. Doch Lady Ca lebt – und die Super-Illu weiß bestimmt auch, wo.

O wie Oprah Winfrey: Die weltbestbezahlte Talkerin zeigt jeden Tag auf tm 3, warum sie so viel besser bezahlt ist als ihre deutschen Epigoninnen.

P wie Michaela Papke: Wenn die Eligmann von RTL 2 für eine Reportage über „Canyoning“ in den Canyon springt, moderiert sie hernach sogar mit Gipsbein. Außerdem: blauäugig.

Q wie Quintessenz: 1. 1994 warnte die Bild-Zeitung: „Noch fünf Jahre, dann übernehmen Frauen die Macht.“ Inzwischen schreiben wir das Jahr 1 vor der prognostizierten Machtübernahme. 2. Männer sehen – auch im Fernsehen – gerne Frauen. Und Frauen sähen gern mehr Frauen.

Und sonst?

Maybrit Illner machte für Hauser den Kienzle, als der mal nicht konnte. Schön, wenn der „Weltspiegel“ (wie kürzlich geschehen) alle Beiträge einer Sendung von Frauen anfertigen ließ. Aber macht das schon einen Unterschied? Frauenmagazine nennen sich nach wie vor Frauenmagazin, Männermagazine heißen nach wie vor anders. Und auch nach Maren Giltzers Abschied sind (und wären) es noch immer Maren Giltzers, die Buchstabentäfelchen umdrehen und Lottozahlen aufsagen, ist Boulevard komplett in weiblicher Hand, zumindest solange nicht „Akte 98“ drauf- oder Axel Bulthaupt druntersteht. Eine Letterwoman oder Friederike Küppersbusch aber ist noch immer ebenso schwer vorstellbar wie die vielzitierte Bundeskanzlerin theoretisch möglich. Und noch immer sieht es in den Hierarchien jenseits-der-Mattscheibe-aufwärts ebenso mau aus wie diesseits. Bleibt die Frage, worin sich die 20-Uhr-Nachrichten unterscheiden, wenn sie vom schönen Wilhelm Wieben oder von Susann Stahnke verlesen werden?

R wie Nina Ruge (24): Da kann Maren Kroymann noch so sehr Ninas „Vulvamund“-Image geißeln, TV Hören und Sehen kürt die unsympathische S-Klassefrau dennoch unbekümmert zur „sympathischsten Fernsehfrau“ Deutschlands. Ähnlich sympathisch: Carolin Reiber. Als sie (man kann sich gar nicht oft genug erinnern) einst beim „Großen Preis“ aushalf, beantwortete eine Kandidatin die alles entscheidende Frage nach einem südsibirischen Gewässer mit „Balalaikasee!“. Frau Reiber wandte sich daraufhin mit Schwung ans Publikum und sagte: „Ich glaube, das können wir gelten lassen!“ Inzwischen moderiert die Bayerin nur noch Volksmusik und Benefiz.

S wie Petra Schürmann: Noch bevor die Schreinemakerisierung von der Schäferisierung abgelöst werden könnte, hört auch Bärbel auf. Und derweil man sich „Schürmannisierung“ nicht einmal als Wort vorstellen kann, kürt TV Hören und SehenBirgit Schrowange zur beliebtesten TV-Moderatorin Nr. 3. Prädikat: „Besser als jeder Mann“. Ein angetrunkener Mann (Kevin Costner) sagte dennoch „Stay with me!“ zu ihr. Doch die Birgit schrieb's statt dessen in ihr Buch (siehe auch unter: L wie Frauke Ludowig).

T wie Karin Tietze-Ludwig: Über 30 Jahre war ihr höchstes Ziel „absolute Seriosität“. Nach über 30 Jahren ist sie immer noch absolut blond.

U wie Ulla Kock am Brinck: Würde im Fernsehen niemals einen Rock anziehen. Allerdings nur, weil ihre Beine dafür „zu kräftig“ seien. Bleibt mit ihrer neuen Show nur quotenmäßig hinter etwaigen Erwartungen zurück.

V wie VJs (resp. VJanes): Sie haben viele Namen; merkwürdige wie „Minh Khai Phan Thi“, „Kimsy“ und „Enie van de Meiklokjes“. Und manchmal heißen die plappernden Mädchen, die Spicy Girl-Power für fortschrittlich halten, auch einfach „Steffie Krause“. MTV hat noch Julia Valets „Superrock“ im Programm. Ihre Moderationen waren schon intelligent und appealing, als der Spiegel noch ein Männermagazin war bzw. nicht wußte, daß Spiegel- Leserinnen – zumindest in TV- Spots – über die Heisenbergsche Unschärferelation diskutieren können.

W wie Lilo Wanders, Quatsch, wie Ina Werner: Ist fest davon überzeugt, daß sie besser aussieht als auf ihren Fotos im Playboy. Nicht für die Fotos, aber immerhin dafür, daß sie für Harald Schmidts Frauenfeindlichkeitssketche die Pamela machte, lobte sie das Grimme-Institut. Die Woche nennt sie schlicht „Sängerin“.

X- wie Y-Chromosom: „Die Mauer verläuft nicht zwischen Ost und West, sondern zwischen oben und unten“, steht (noch immer) an einer Berliner Häuserwand. Ebenso verläuft auch im Fernsehen keinerlei Grenze zwischen dem Hüben und Drüben der Geschlechter, sondern zwischen den einzelnen Sendern, Sendeplätzen und -formaten. Blühende Körperlandschaften allein jedenfalls machen's auch nicht besser.

Z wie Sonja Zietlow: Nein! Ausgerechnet! So schlimm steht es um die Fernsehfrauen ja nun wirklich nicht, als daß ausgerechnet ihre „belangloseste und überflüssigste Vertreterin“ (diesmal leider nicht: TV Hören und Sehen) den Reigen beendet. Ach, hießen ihre Kolleginnen doch Juliane Zartels, Anke Zengelke, Maybrit Zillner, Judith Zadelhoch oder Gabi Zauer... Doch halt! Am Ende stünde hier dann doch nur Verona Zeldbusch. Ist die Nase erst geändert, liegt der Name schließlich nahe.