: Ein längst Vergessener kehrt zurück...
■ Elmar Schmähling, Ex-Offizier der Bundeswehr und Ex-Geheimdienstchef, wird von der PDS für den Wahlbezirk Berlin-Mitte nominiert. Ein Kronzeuge der Friedensbewegung und eine schillernde Figur
Wer ist Elmar Schmähling? Ah ja, Ex-Admiral, Bundeswehrdissident, Kronzeuge der Friedensbewegung. Ein längst Vergessener kehrt zurück. Als Kandidaten für den Wahlbezirk Berlin-Mitte hat die PDS mit Elmar Schmähling eine schillernde Figur nominiert. Der Mann hat bereits alle Höhen und Tiefen hinter sich, und seine jetzige Kandidatur scheint zu bestätigen, was ihm seine Kritiker schon immer vorgeworfen haben: Elmar Schmähling sei furchtbar eitel und publicitysüchtig.
Vielleicht ist Schmähling eitel – auf jeden Fall ist er nicht feige. Kein anderer Offizier der Bundeswehr hat seine höchsten Vorgesetzen so offensiv kritisiert wie er, kein anderer hat deshalb auch so viel Erfahrung in öffentlichen Schlammschlachten. Zu Beginn seiner Karriere war er eine der größten Hoffnungen der Bundeswehr. Er absolvierte die Führungsakademie der Bundeswehr und wurde 1971 einer der jüngsten Admirale der bundesdeutschen Marine.
Zehn Jahre brillierte er im Sinne seiner Vorgesetzten. Zur Belohnung wurde er 1982, damals war Helmut Schmidt noch Kanzler, als einer der wenigen hohen Offiziere, die der SPD nahestanden, Chef des Militärischen Abschirmdienstes MAD – also einer der drei bundesdeutschen Geheimdienstchefs.
Der erste Absturz kam eineinhalb Jahre später. Schmähling, verheiratet und Vater von drei Kindern, wurde eine Liebesaffäre mit seiner Sekretärin zur Last gelegt. Angeblich wurde er dadurch erpreßbar – er wurde von seiner Funktion entbunden. Nicht ganz zufällig schaßte man ihn just zu dem Zeitpunkt, als in Bonn Helmut Kohl Kanzler wurde.
Aber die Bundeswehr ließ Schmähling noch nicht fallen. Er wurde Chef des Amtes für Studien und Übungen der Bundeswehr. Ein Schreibtischjob, der aber Raum für eine kritische Auseinandersetzung bot. Und Elmar Schmähling nutzte diese Möglichkeit. Zuerst intern, zunehmend aber auch öffentlich, kritisierte er die Strategie der Nato, argumentierte gegen die sogenannte „flexible response“, durch die die Sowjetunion atomar zerlegt werden sollte. Die damaligen Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg und Rupert Scholz waren über diese argumentative Schützenhilfe für die Friedensbewegung wenig begeistert. Schmähling nannte Scholz einen Phrasendrescher und erdreistete sich, Helmut Kohl persönlich anzugreifen. Einen Eklat um eine nicht genehmigte Moskau-Reise nutzte Stoltenberg 1990, um Elmar Schmähling in den einstweiligen Ruhestand zu versetzten. Schmähling verlor durch alle Instanzen und blieb im Ruhestand. Zuletzt machte er im November 1996 von sich reden, als er wegen Betrugsverdachts in Untersuchungshaft genommen wurde. Jetzt taucht der 61jährige – Schmähling wurde im Februar 1937 in Bad Neustadt geboren – in Berlin-Mitte wieder auf. Jürgen Gottschlich
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