: Alle haben Mitleid mit Töpfer
Nach seinem Verzicht auf eine halbe Million Mark schont auch die Opposition den früheren CDU-Minister: „Wer weiß, ob wir das Geld zurückgezahlt hätten“ ■ Aus Bonn Markus Franz
Eigentlich tut Klaus Töpfer allen ein wenig leid. Schließlich hat der Mann ohne zwingenden Grund soeben auf 500.000 Mark verzichtet. Bei SPD und Bündnisgrünen heißt es hinter vorgehaltener Hand: Wer weiß, ob bei uns jemand das Geld zurückgezahlt hätte. Rechtlich gesehen gebe es schließlich keinen Grund dafür.
Den früheren CDU-Minister im Umwelt- und später im Bauressort treffe keine Schuld an dem unerfreulichen Vorgang, sagen Politiker von SPD und Bündnisgrünen. Der Skandal sei die Informationspolitik der Regierung.
Niemand hätte Einwände gehabt, so heißt es, wenn die Regierung im Dezember gesagt hätte: „Hört mal zu, Leute, der Töpfer geht als Chef des UN-Umweltprogramms nach Nairobi, er verdient dort nur 9.500 Dollar, laßt uns ihm die Entscheidung leichter machen und ihm noch ordentlich was draufzahlen.“
Sowohl der Haushaltsexperte der SPD, Helmut Wieczorek, als auch der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Oswald Metzger, lehnen Zuzahlungen, wie sie Töpfer erhalten hat, nicht grundsätzlich ab. Das Verfahren müsse nur transparent sein. Aus ihrem Umfeld heißt es: Die Leitung des UN- Umweltprogramms sei ein wichtiger Job, Töpfer werde geschätzt, er könne was tun für die Bundesrepublik, und gute Leute seien halt nicht für einen Appel und ein Ei zu bekommen.
Töpfers Verzicht auf die halbe Million stößt daher auch auf Unverständnis. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl quittierte ihn mit der knurrigen Bemerkung: „Ich habe diese Entscheidung zu respektieren.“ Die Regierung hat damit zwar einerseits die Diskussion um eine mögliche Rückzahlung vom Hals, befindet sich aber andererseits im Erklärungsnotstand, warum Töpfer das Geld zurückzahlt, wenn alles seine Berechtigung hatte.
Ein SPD-Mann sagt: „Ich kann doch nicht auf eine halbe Million Mark verzichten, wenn ich sie angeblich brauche.“ Töpfer brachte auch nicht viel Licht ins Dunkel: „Ich habe 20 Jahre in Deutschland Politik gemacht, ohne mich dem Vorwurf ausgesetzt zu haben, ich hätte mich bereichert.“ In ihrer Kürze wirkte die Begründung auf Beobachter nicht gerade überzeugend. Zumal Töpfer, ausführlich und immer emotionaler werdend, die Gegenposition begründete. Die Zuzahlung sei „erstens Rechtens, zweitens politisch hinreichend geklärt und drittens auch berechtigt gewesen“. Die zusätzlichen Kosten in Nairobi seien „real“. Er wisse nicht, ob er ohne Zuzahlung überhaupt nach Nairobi gegangen wäre.
Die Opposition will jetzt zunächst die Rechtmäßigkeit der Zuzahlung überprüfen, wobei weder SPD noch Grüne konkrete Zweifel äußern. Die SPD kritisierte zwar, daß der Haushaltsausschuß nicht eingeschaltet worden sei, räumte aber ein, daß dies nicht rechtlich geboten gewesen sei. Es habe ausgereicht, die Zustimmung der Präsidentin des Bundesrechnungshofes einzuholen.
Auch hätten die Fraktionsspitzen der Oppositionsparteien nicht eingeschaltet werden müssen, wie moniert worden war. Dabei habe es sich allerdings um eine Frage des politischen Anstandes gehandelt.
Bohls Erklärung, der Bundeskanzler habe Rudolf Scharping (SPD) und Joschka Fischer (Grüne) informiert, sei gelogen. Sowohl Scharping als auch Fischer erinnerten sich nur an kurze Gespräche mit Bohl, nicht aber mit dem Bundeskanzler.
Ein Haushaltsexperte der SPD wies darauf hin, daß die Bundesregierung sich möglicherweise doch aus dem falschen Topf bedient habe. Die Zuzahlung für Töpfer stamme nämlich aus dem Haushaltstitel des Auswärtigen Amtes für „Geheime Ausgaben und Ausgaben für sonstige besondere Zwecke des Auswärtigen Amtes“ – dem Reptilienfonds. Das war eine schwarze Kasse, die Bismarck einst zur Bekämpfung politischer Gegner („Reptilien“) verwandte. Bleibt die Frage: Ist Klaus Töpfer etwa ein Reptil?
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