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Vertuschen oder melden

■ Die SPD möchte vom Heeresinspekteur wissen, wann er von einem rechtsextremen Vorfall bei den deutschen Soldaten in Bosnien erfuhr

Gehört auch Heeresinspekteur Helmut Willmann zu den Offizieren, die Vorfälle mit rechtsextremistischem Hintergrund bei der Bundeswehr lieber vertuschen als melden? Diese Frage soll nach dem Willen der SPD der Verteidigungsausschuß klären. Aus einem Bericht der Hardthöhe an den Ausschuß geht hervor, daß Willmann bereits im Oktober letzten Jahres „beiläufig“ über einen Vorfall informiert worden war, von dem die Öffentlichkeit erst vor einigen Wochen durch eine ZDF- Sendung erfahren hat. Zwei Unteroffiziere der Bundeswehr hatten in Bosnien zu albanischen Soldaten gesagt, man solle sie „in die Gaskammer stecken“ und „an die Genickschußanlage stellen.“ Sie wurden jedoch nur zu einer Geldbuße verurteilt und nicht nach Deutschland zurückgeschickt. Damit, so die Hardthöhe, hätten die Vorgesetzten „bei der Behandlung des Falls die notwendige Sensibilität vermissen lassen“.

Allerdings war der Befehlshaber des Heeresführungskommandos bereits am 13. Oktober telefonisch „in allgemeiner Form über den Zwischenfall mit albanischen Soldaten“ unterrichtet worden und informierte seinerseits den Heeresinspekteur. Eine Meldung an Verteidigungsminister Volker Rühe unterblieb jedoch offenbar. Der SPD-Wehrexperte Walter Kolbow sieht hier Klärungsbedarf. „Was wir von unteren Dienstgraden verlangen, verlangen wir natürlich auch vom Heeresinspekteur“, sagte er der taz. „Wir wollen wissen, wie der Kenntnisstand der militärischen Führung war, als Verteidigungsminister Rühe mit Finanzminister Waigel und zuletzt mit dem Bundeskanzler in Bosnien war und die starke Truppe vorgestellt hat.“ Man müsse den Eindruck gewinnen, so Kolbow, daß die ursprüngliche Behandlung des Falles vor allem von der Sorge um das öffentliche Ansehen der Bundeswehr getragen gewesen sei.

Dieser Sorge verleiht Generalleutnant Willmann übrigens bei Bedarf auch in ungewöhnlich scharfer Form Ausdruck. In einem Schreiben an die Kommandeure der Bundeswehrstandorte hat er Äußerungen vom Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes Oberst Bernhard Gertz als „Skandal“ bezeichnet. Oberst Gertz hatte in einer Fernsehsendung ein „qualitatives und quantitatives Problem bei der Unteroffizier-Nachwuchsbesetzung“ beklagt.

Betroffene sehen das genauso. Dem Bundeswehrverband liegt das Schreiben einer Gruppe von Unteroffizieren „aus allen Bereichen“ des Verteidigungsministeriums vor. Sie erklären, sich aus der Sorge heraus zusammengeschlossen zu haben, „daß die Laufbahn der Unteroffiziere immer mehr Qualitätsverluste hinnehmen muß“ und fordern auch mit Blick auf den Bedarf an qualifizierten Bewerbern eine attraktive Gestaltung des Berufs. Bettina Gaus

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