: Junger Autoknacker wird für die CDU zum Politikum
■ Seriendieb Jasmin O. ist strafmündig. Jugendstadträtin fühlt sich von Polizei hintergangen
Der Fall des jungen bosnischen Autoknackers Jasmin O. wird immer mehr zum Politikum. Die CDU-Fraktion nahm den Fall gestern zum Anlaß für den Versuch, die grüne Jugendstadträtin von Tiergarten, Elisa Rodé, zu stürzen. Aber auch, um geschlossene Kinderheime in der Stadt wieder salonfähig zu machen, kommt der junge Dieb den Konservativen gerade recht. Jasmin O. wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt, laut Auskunft von Elisa Rodé kam er danach in U-Haft.
Rodé sei dafür verantwortlich, daß die Polizei „dem kriminellen Treiben“ von Jasmin O. „machtlos zusehen mußte“, begründete der innenpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt, gestern die Forderung nach Rodés Rücktritt. Denn sie sei schuld daran, daß das Alter des „notorischen Rechtsbrechers“ nicht frühzeitig durch ein ärztliches Gutachten habe festgestellt werden können. In Wirklichkeit war es die Polizei, die den Gerichtsbeschluß auf Altersfeststellung von Jasmin O. einen Monat in der Schublade verstauben ließ. Der CDU Rede und Antwort stehen soll heute auch Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) zu der Frage, warum es „in Anbetracht ähnlicher Fälle kein geschlossenes Heim in Berlin gibt“.
Wie berichtet, ist die Tiergartener Jugendstadträtin am Dienstag von den Ereignissen regelrecht überrollt worden. Bis dahin hatte Rodé nicht daran gezweifelt, daß der weit über hundertmal beim Autoknacken erwischte Jasmin O. 13 Jahre alt ist. Bis zum 14. Geburtstag – Jasmin ist laut Papieren am 26. September 1984 geboren – sind Kinder strafunmündig und können für ihre Taten nicht belangt werden. „Mir ist egal, ob er 13 oder 14 Jahre alt ist, nur die Erziehungsmaßnahmen sind für mich von Belang“, so Rodé. Sie wußte zwar, daß die Polizei Zweifel am Alter des Bosniers hatte. Aber davon, daß die Staatsanwaltschaft bereits am 23. Feburar einen Gerichtsbeschluß zur medizinischen Altersfeststellung von Jasmin O. erwirkt hatte, war die Stadträtin nicht informiert worden.
Der Beschluß wurde von der Polizei jedoch erst am vergangenen Dienstag umgesetzt. Genau zu dem Zeitpunkt, als Rodé einen Gerichtsbeschluß zur vorläufigen Einweisung des Jungen in die Psychiatrie zum Zwecke der Begutachtung erwirkt hatte. Statt Jasmin, wie mit dem Jugendamt verabredet, zur psychiatrischen Untersuchung in die Charité zu fahren, chauffierte ihn die Polizei zur Altersfeststellung. Aber auch das erfuhr Rodé erst später. Das vorläufige Ergebnis der röntgenologischen Kiefer- und Handwurzeluntersuchung belegt laut Justizsprecherin Michaela Blume, daß der Junge mindestens 14 Jahre alt und somit strafmündig ist.
Rodé ist nach wie vor der Meinung, daß der Junge nicht in U-Haft gehört, sondern psychiatrisch untersucht werden muß. Daß die Polizei den Gerichtsbeschluß erst am Dienstag umsetzte, obwohl Jasmin seit dem 23. Februar wiederholt bei Straftaten erwischt wurde, findet die grüne Stadträtin „reichlich merkwürdig“. Laut Justizsprecherin Blume konnte die Polizei die Untersuchung nicht früher beginnen, weil nur eine ganz spezielle Dienststelle von dem Beschluß Kenntnis hatte. Bis zum vergangenen Dienstag sei der Junge jedoch stets entwischt, bevor die Untersuchung gemacht werden konnte. Plutonia Plarre
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