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Spitze Töne aus der Türkei gegen Helmut Kohl

■ Ministerpräsident Yilmaz meint, sein Land könne zur Not auf deutsche Touristen verzichten

Antalya (taz) – Das verbindliche Lächeln erfror auf den Gesichtern der deutschen und türkischen Tourismus-Manager.

Anstatt die deutsch-türkische Freundschaft zu preisen und die Bedeutung des Fremdenverkehrs für die Entwicklung des Landes zu würdigen, nutzte Regierungschef Mesut Yilmaz am Dienstag abend ein Tourismus-Symposium im südtürkischen Antalya, um eine neue Runde im Streit zwischen Bonn und Ankara zu eröffnen. „Wenn die Deutschen so empfindlich sind und wegen meiner Aussagen die Türkei ablehnen würden, dann werden wir sie durch andere Nationalitäten ersetzen“, sagte Mesut Yilmaz.

Die Deutschen waren 1997 mit mehr als 2,5 Millionen Besuchern im Jahr die wichtigste Besuchergruppe in der Türkei. Yilmaz kritisierte in Antalya erneut die Politik der Bundesregierung in Sachen EU-Erweiterung. Die deutsche Regierung habe alles getan, um die Stimmung zwischen beiden Ländern zu verderben. Bundeskanzler Helmut Kohl habe sein Versprechen gebrochen und sich nicht für den EU-Beitritt der Türkei eingesetzt. „Wir sind alte Freunde – und neue Feinde“, sagte Yilmaz. Die türkischen Journalisten waren verwirrt: Hatten sie die harten Worte ihres Regierungschefs tatsächlich richtig verstanden? Immerhin hatte Yilmaz vor wenigen Wochen bereits Aufsehen erregt, als er die auf Osteuropa ausgerichtete deutsche EU-Strategie mit der „Lebensraum-Politik“ der Nationalsozialisten verglichen hatte. Später war er halbherzig zurückgerudert.

Am Dienstag sprach der Konservative wieder von einem „Mißverständnis“. Dennoch sei die deutsche Regierung im Begriff, denselben „historischen Fehler“ wie damals zu begehen und Europa nur bis zur westlichen Grenze der Türkei zu verstehen. Yilmaz demonstrierte Selbstbewußtsein. Es sei kaum zu begreifen, daß Deutschland die strategische Bedeutung der Türkei derart unterschätzen könne. Das sei nicht mit deutschen Interessen zu vereinbaren, weil die Türkei schließlich künftig eine Schlüsselrolle in der Welt spielen werde.

Unverhohlen setzen die Türken ihre Hoffnung auf eine neue deutsche Politik nach der Bundestagswahl im September. Schließlich sind sowohl die Türken im Inland als auch die drei Millionen türkischen Immigranten in Deutschland wegen der Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft nicht gut auf die herrschende Koalition zu sprechen. „Auch eine Kohl-Regierung nach den Wahlen wird nicht mehr dieselbe Kohl-Regierung sein wie zur Zeit“, orakelte Yilmaz bei dem Tourismus-Symposium. Joachim Fahrun

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