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„Ein Studium ist doch keine Modenschau“

■ Der Modeimport aus den USA: Lässige Campus-Sportswear mit hauseigenem Unilogo

Der Jurastudent an sich gibt sich recht wenig studentisch; er hält schließlich auf sich. Er brezelt sich auf, kommt gerne mal in Anzughose mit Hemd in die Vorlesung, kämmt und rasiert sich täglich. Nur der BWLer kleidet sich noch konservativer: Nicht selten trägt er die ganze Kombination aus Anzughose, Jackett und Weste mit Schlips. Der OSI-Student hingegen schwört schon seit Jahrzehnten auf sein Pakistan-Tuch und die angegammelten Doc Marten's, während sich die Philosophen und all die anderen Geisteswissenschaftler eher dem schnodderigen Chic – vorzugsweise in Schwarz – verpflichtet fühlen. Doch Felix Sommer, ein – trotz Jurastudium – mit Jeans und Sweatshirt eher sportlich gekleideter Bursche und Verkäufer im Campus Store würde sie am liebsten alle einkleiden. Das Stichwort: Corporate identity. Der gemeinsame Dress-Code heißt Campus- Mode und ist eine Sportswear, auf der Logo und Schriftzug der Freien Universität prangen.

Auf knapp sechs Quadratmeter Ladenfläche gepreßt stapelt sich die Ware bis unter die Decke: T- Shirts in den Gewichtsklassen von 240 bis 385 Gramm, wie die Einnähte in den Kragen verraten. Sechs verschiedenen Sweater sind im Angebot; Hemden mit Bündchen und ohne Kapuze, Polos, Baseballkappen und Sporthosen. Alles ist in den Größen von S bis XXL zu haben und obendrein in mehreren Farben – und in feinster Baumwollqualität. Orange läuft nicht so gut, die klassischen Uniformfarben wie Blau, Grün oder Grau „werden gerne gekauft“, sagt Felix Sommer und weist auf die neue, dezent bedruckte Linie, „für Leute, die sonst nie was mit Aufdruck tragen würden“.

Was in den USA auf eine lange Tradition zurückblicken kann, hat in Deutschland erst vor wenigen Jahren seinen Anfang genommen: „In Amerika kann man einem Studenten nicht an der Kleidung ablesen, was er studiert.“ Das hat Alexander Grunert, Geschäftsführer und Initiator der Campus Sportswear, längst erkannt. „Das Modebewußtsein ist dort einfach lässiger.“ Soll heißen: morgens raus aus dem Bett, rein ins T-Shirt. „Das Studium ist schließlich keine Modenschau!“ Eine Einstellung, die der Exwirtschaftler im Laufe von zwei Jahren an der Columbia University in New York zu schätzen lernte. Die Identifikation mit der oft teuer bezahlten Lehranstalt ist für amerikanische Studenten kein Problem. „Im Gegenteil“, findet Grunert. „Die sind stolz darauf, an ihrer Uni zu studieren.“ Überfüllte Hörsäle gab's da noch nie. Studiengebühren, eine oft harsche Aufnahmeprozedur einerseits und die meist gute Betreuung der Studenten und das gemeinschaftliche Leben auf dem Campus andererseits sorgen zumindest für ein entschlosseneres Studieren.

Doch seit Alexander Grunert 1994 schließlich an seine Kölner Heimatuni zurückgekehrt ist, können auch deutsche Studenten für ihre Universität Reklame laufen. Seine erste Kollektion selbstbedruckter T-Shirts verhökerte er einst aus dem Kofferraum heraus, die Studis waren begeistert. „An einem Tag gingen die alle weg“, resümmiert der 28jährige. Heute läßt er T-Shirts und Kapuzensweater für rund 25 deutsche Unis bedrucken. Der Vertrieb läuft meist über Marktstände und Katalog-Order, auf dem Universitätsgelände von Frankfurt (Main) und Hannover werden im April sogar zwei größere Stores aufmachen.

Doch selbst gute Bilanzen können nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Großteil deutscher Studenten Identifikationsprobleme mit seiner Uni hat. Viele Käufer der Print-wear sind daher Erasmus-Studenten aus dem Ausland, die sich mit einem T-Shirt ein Stück Gastuniversität als Souvenir mitnehmen. „Man traut sich hier eben noch nicht so“, sagt Grunert. Der kleine Laden an der FU wird wahrscheinlich demnächst schließen müssen. Nicht mangelnde Verkaufszahlen sind der Grund: Der Pachtvertrag mit der FU läuft aus, an einer Verlängerung ist scheinbar niemand interessiert. Und einen Stand vor der Mensa aufzubauen wurde dem Campus- Store-Team untersagt. „Dabei würde gerade der FU ein bißchen Reklame durchaus gut tun“, das findet nicht nur Felix Sommer, der Verkäufer. Kirsten Niemann

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