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Die Bundeswehr übt gerne mal in Ostpreußen

■ Auf Truppenübungsplätzen werden Versorgungspunkte und Biwakplätze oft nach „verlorenen“ deutschen Städten und Regionen im Osten benannt. Die Hardthöhe sieht keinen Grund zum Einschreiten

Bonn (taz) – Wenn die Bundeswehr marschiert, tut sie dies auch zur andauernden Erinnerung an die alte Heimat. Da kann es schon mal passieren, daß der Marschbefehl lautet, von Masuren nach Kuren aufzubrechen – zur Erholung läßt die Truppe sich dann in Trakehnen nieder. Wem Trakehnen nicht gefällt, kann sich aber auch in Insterburg, Gleiwitz oder Tannenberg ausruhen – die Bundeswehr hat Ostpreußen komplett im Angebot. Wirklich hinmarschieren will man natürlich nicht – schließlich „ist das Verhältnis zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn auf der Basis gegenseitiger Verträge geregelt und wird von freundschaftlichen Beziehungen geprägt“. Das tut der rechten Traditionspflege jedoch keinen Abbruch.

So wunderte sich die Verteidigungsexpertin der Bündnisgrünen, Angelika Beer, als ihr Angehörige der Bremer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) erzählten, die Einheiten auf dem benachbarten Truppenübungsplatz Bergen in Niedersachsen bewegten sich vorzugsweise im polnisch- russischen Grenzgebiet. Versorgungspunkte und Biwakplätze seien nach früheren deutschen Städten und Regionen im ehemaligen Ostpreußen und Pommern benannt, zudem lade die Bundeswehr regelmäßig Vertreter der Vertriebenenverbände aus Ostpreußen und Pommern zu Schießübungen auf den Truppenübungsplatz ein. Die Grüne wollte es erst nicht recht glauben und fragte deshalb offiziell beim Verteidigungsministerium an.

Dort sah man aber überhaupt keinen Grund, sich von dieser Traditionspflege zu distanzieren. „Die Benennung“, so das Verteidigungsministerium, „erfolgte 1958 nach Übernahme der Truppenübungsplätze durch die Bundeswehr. Die Namensgebung diente der Erinnerung an die verlorene Heimat.“

Das sei auch auf allen möglichen anderen Truppenübungsplätzen so. Wo genau, wisse man nicht, da die jeweiligen Kommandanten die Namensgebung in eigener Regie vornehmen würden.

Daß damit der Eindruck entstehen könnte, die Bundeswehr solidarisiere sich mit Bestrebungen zur Rückgewinnung eben jener Ostgebiete, bestreitet die Regierung. Man „sehe auch keine Veranlassung, die bisherige Benennung auf den Truppenübungsplätzen zu verändern“, teilte das Ministerium mit. Nur die Sache mit den Schießübungen stimme nicht so ganz. Die Bundeswehr schießt nicht auf Ziele, „die Namen von Städten der ehemals zu Deutschland gehörenden Gebiete tragen“. Jürgen Gottschlich

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