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Rassismus – aber nur spontan

Ganz wenig Rechtsextreme begehen recht viele Straftaten ganz ungeplant: Hamburgs Verfassungsschutz-Buchhalter haben nachgezählt  ■ Von Elke Spanner

Um Entwarnung zu geben, trat Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) gestern nicht vor die Öffentlichkeit. Zwar habe die „Rote Armee Fraktion“(RAF) sich aufgelöst. Das sei jedoch nicht mehr als ein „buchhalterischer Schlußstrich“gewesen, der sich auf Hamburg nicht auswirke – und schon gar nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, daß „sich die Gewaltbereitschaft von Links- und Rechtsextremisten im vergangenen Jahr verstärkt hat“. Vor diesem „echten Problem“warnte er zusammen mit Hamburgs oberstem Verfassungsschützer Reinhard Wagner (CDU) bei der Vorstellung des Verfassungs-schutzberichtes 1997.

Die vorgelegten Zahlen zwingen allerdings nicht unausweichlich zu diesem Schluß. Im linken politischen Spektrum will der Hamburger Verfassungsschutz zwar rund 700 „gewaltbereite Extremisten“, also „Autonome, Anarchisten und Sozialrevolutionäre“, ausgemacht haben. Gewalttaten konnte er allerdings nur 19 zählen – rund die Hälfte davon anläßlich der Castor-Transporte begangen. Dennoch seien eben rund 700 Leute zu diesem Spektrum zu rechnen, so Wagner: „Wir gucken uns deren Umfeld an und beobachten, wie sie über Gewalt reden.“

In einem Atemzug damit nannte Wrocklage die Anschläge von Rechtsradikalen. 299 „rechtsextremistische“und 103 „fremdenfeindliche“Straftaten zählten die Verfassungsschützer sowie 30 rechtsextreme Gewalttaten – aber nur rund 150 gewaltbereite Rechtsextremisten. Zudem habe man bei Hausdurchsuchungen immer häufiger Waffen gefunden, Gewehre, Pistolen und Pumpguns.

Daß er so viel weniger rechte als linke „gewaltbereite Extremisten“zähle, begründete Wrocklage damit, daß nicht alle Täter, die ausländerfeindliche Angriffe verübten, dem rechtsradikalen Lager zuzurechnen seien: „Die Taten sind selten geplant, sondern resultieren zumeist aus Konflikten in alltäglichen Situationen.“Wer fremdenfeindlich motivierte Übergriffe begehe, sei nur selten in neonazistischen Gruppen organisiert, sondern in der Regel nur mit einer „diffusen Gewaltbereitschaft“ausgerüstet – und taucht deshalb auch nicht im Verfassungsschutzbericht auf.

Große Sorge bereitet Hamburgs Innensenator auch der Islam. Rund 30.800 radikale Islamisten lebten in der Bundesrepublik, davon allein 1.140 in Hamburg. Die verübten zwar keine Gewalt, seien aber „sehr integrationsfeindlich“. Wrocklage: „Wer einen Gottesstaat will, ist ein Gegner unserer Verfassung.“Dazu zählt er auch die Scientology-Organisation, die seit einem Jahr vom Hamburger Verfassungsschutz beobachtet wird. Als „erste Früchte unserer Arbeit“nannte Wrocklage eine neue Broschüre über den Geheimdienst von Scientology, die „reißenden Absatz“gefunden habe. In Hamburg gäbe es noch rund 800 Scientologen. Die meisten von ihnen seien jedoch nicht mehr aktiv.

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