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Rektoren für halbe Unis

■ Klassischer Fächerkanon der Volluni soll der „Region als Universität“ Platz machen

Berlin (taz) – Ein vollständiges Fächerspektrum wird es künftig an keiner deutschen Hochschule mehr geben. Weil die Wissenschaft in immer mehr Spezialgebiete zerfällt und staatliche Mittel zusehends knapper werden, ist die „Uni der Zukunft“ nach Ansicht der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nur noch „unvollständige Universität“.

Den kompletten Fächerkanon von der Medizin über die Geistes- und Sozialwissenschaften bis hin zu den Naturwissenschaften und der Philosophie als Königsdisziplin soll es künftig nur noch in regionalen Netzwerken geben. Wenigstens in jeder Region sollten alle Fächer vertreten seien, forderte der HRK-Vorsitzende Klaus Landfried in Berlin. Dort trafen sich die Hochschulrektoren zu ihrer Jahresversammlung. Als Vorbild nannte Landfried die amerikanischen „University Systems“. Auch in Deutschland gebe es bereits Ansätze zu Regionalverbünden – etwa in Erlangen/Nürnberg, Bayreuth und Bamberg oder in Leipzig, Halle und Jena. Die „Region als Universität“ hat allerdings auch einsparende Effekte: Die Unis Mannheim und Heidelberg hätten ihre Altertumswissenschaft zusammengelegt, sagte Landfried.

Der Präsident der deutschen Rektoren nannte als gutes Beispiel einer Uni-Region ausgerechnet das Land Berlin. Trotz drastischer Einschnitte in die Hochschuletats seien in der Hauptstadt Reformen der inneren Organisation vorangebracht worden. Der Staat überlasse hier den Hochschulen mehr Autonomie und garantiere verläßliche Etats zumindest für vier Jahre im voraus. Die Berliner Unis sind seit 1993 einem Schwund von einem Drittel bis zur Hälfte der Professuren unterworfen.

Im Hinblick auf die Bundestagswahl beklagte Landfried, daß die Unterfinanzierung der Hochschulen „im Bewußtsein der breiten Wählerschichten“ nicht angekommen sei – trotz der monatelangen Studentenproteste. Mit rund 30 Milliarden Mark jährlich lägen die Gesamtausgaben für die Hochschulen um sechs bis zehn Milliarden Mark zu niedrig. Zu dem gestern im Bundestag ohne Studiengebührenverbot beschlossenen Hochschulrahmengesetz sagte Landfried, die HRK lehne das bezahlte Studium ab – sofern die Gebühren nicht direkt den Hochschulen zugute kämen. Er beklagte, daß die Reform der Ausbildungsförderung zum Nachteil der Studienzeiten gescheitert sei. rab

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