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Kabilas unendlicher Kampf gegen den Imperialismus

■ Ein Jahr nach seinem Sieg über Mobutu geht der Präsident der Demokratischen Republik Kongo außenpolitisch auf Konfrontationskurs. Daß er sich damit Feinde macht, schert ihn wenig

Für Laurent-Désiré Kabila ist der Buhmann ausgemacht: „Die internationalen Medien führen eine Schmierenkampagne gegen den Kongo.“ Grund genug, den Kampf gegen Diskriminierung und Erniedrigung afrikanischer Völker weiterzuführen, erklärte der Präsident der Demokratischen Republik Kongo (vordem Zaire) Ende April in Tripolis. Libyens Staatschef Ghaddafi applaudierte, zeichnete ihn für seine kämpferischen Worte mit dem wichtigsten Orden des Landes aus und kommentierte, Libyen und der Kongo kämpften gemeinsam gegen den Imperialismus.

Kabila, der vor einem Jahr nach dem Sturz Mobutu Sese Sekos an die Macht gekommen ist, tut die Forderung der internationalen Gemeinschaft nach Beachtung der Menschenrechte in seinem Land ganz im Stile des autokratischen Herrschers als „äußere Einmischung“ ab. Die forsche Rhetorik der jüngsten Zeit ist aber nur die Zuspitzung. Schon seit Jahresbeginn fährt der Präsident einen Konfrontationskurs gegenüber den USA, der EU und der UNO. Deren Vorhaltungen an die Adresse Kabilas wegen seines Vorgehens gegen politische Widersacher sind bislang am neuen Regime in Kinshasa weitgehend abgeprallt.

Die Politik der kongolesischen Regierung treibt in diesem Zusammenhang interessante Blüten. So warf sie vor kurzem Belgien vor, Waffen ins Land zu schmuggeln und damit die Rebellen im Osten des Landes zu unterstützen. Ähnlich erging es bereits im vergangenen Jahr internationalen Hilfsorganisationen, die im Osten des Landes operierten. Zuletzt brach man die Beziehungen zur Unesco ab. Das Verhältnis hatte sich verschlechtert, als ein ehemaliger Mitarbeiter der Unesco, Arthur Ngoma, in den Kongo zurückgekehrt war und die Partei Forces du Futur (Kräfte der Zukunft) gegründet hatte. Seit Januar dieses Jahres ist Ngoma wegen Verstoßes gegen das Verbot von Parteiaktivitäten inhaftiert. Er soll sich in diesen Tagen vor einem Militärgericht verantworten.

Höchst undiplomatisch werden zudem die ehemaligen Unterstützer der Anti-Mobutu-Rebellion brüskiert. Allen voran die USA, die der ehemaligen Oppositionsbewegung AFDL bei ihrem Vormarsch nicht nur logistisch zur Seite standen. Der Demokratiebeauftragte Bill Clintons, Jesse Jackson, wurde im Februar bei seinem Besuch in Kinshasa von Kabila nicht empfangen, weil er im Vorfeld den Oppositionsführer Etienne Tshisekedi aufgesucht hatte. Tshisekedi selbst wurde wenige Tage später verhaftet und ins Landesinnere verbannt. Und zwei Monate später, nach einem Treffen Kabilas mit Clinton im benachbarten Uganda, holte das Regime gegen zahlreiche Menschenrechtsgruppen aus; verboten wurde unter anderem die angesehene Menschenrechtsorganisation Azadho.

Ende April suspendierte UN- Generalsekretär Kofi Annan die UN-Kommission, die die Massaker an Flüchtlingen während des AFDL-Vormarsches auf Kinshasa untersuchen sollte – nach fortwährender Behinderung der Arbeit und einer vorübergehenden Verhaftung eines Mitarbeiters. Damit kühlte das Verhältnis auch zu den Geberländern erheblich ab, da die ungestörte Arbeit der Untersuchungskommission eine entscheidende Bedingung dafür war, normale Beziehungen zur Demokratischen Republik Kongo aufzunehmen.

Dies hat schwerwiegende Folgen. Weil potentielle Geberländer die Vergabe von Entwicklungshilfe an Bedingungen knüpfen, bleiben Gelder für den Wiederaufbau des Kongo in der Pipeline. Anfang Dezember 1997 hatte die Weltbank anläßlich ihres Treffens „Freunde des Kongo“ in Brüssel die Geberländer zusammengebracht. Damals hatte das Kabila- Regime nach monatelangem Tauziehen gerade noch rechtzeitig vor der Konferenz einen Finanzbedarf für drei Jahre in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau vorgelegt. Auch die Europäische Union sagte 70 Millionen Ecu zu. Sie repariert zudem zwei Zufahrtsstraßen zur Hauptstadt, damit die Lebensmittelversorgung der fünf Millionen Einwohner Kinshasas gesichert werden kann.

Doch die Ernüchterung angesichts der bedenklichen Menschenrechtslage, des Vorgehens gegen die Presse, der Verhaftung prominenter Oppositioneller, der Ausschaltung ziviler Gerichte und öffentlicher Hinrichtungen zeigte sich Anfang März auf der Folgekonferenz der „Freunde des Kongo“ in Stockholm. Zwar wurden 55 Millionen Mark zugesagt, aber dieser Betrag blieb erheblich hinter den Erwartungen der Regierung Kabila zurück. Auch ist seine Auszahlung nach wie vor fraglich. Belgien, Teilnehmer der Konferenz und ehemals wichtigster Handelspartner und Geberland, zog sich nach dem Vorwurf, das Land versorge Rebellen im Osten des Kongo mit Waffen, dezent zurück. Auch die USA, ebenfalls einer der „Freunde“, haben ihre Zusagen nach dem Abzug der UN-Kommission zurückgezogen.

Der Konfrontationskurs hat trotz einer irrationalen Komponente auch erklärbare Ursachen. Denn wachsender innenpolitischer Widerstand und der Bürgerkrieg im Osten des Landes bedrängen den inzwischen unpopulären Kabila. Das veranlaßt ihn offenbar dazu, die Schuldigen außerhalb des Landes zu suchen. Andererseits wähnt sich das Regime angesichts des Rohstoffreichtums des Landes und Teilerfolgen bei Verhandlungen mit internationalen Konzernen unentbehrlich. Zudem haben Kabilas Mitstreiter in- und außerhalb der Regierung den Schritt in die 90er Jahre mit der allgemein akzeptierten Universalität von Demokratie und Menschenrechten nicht vollzogen. Ideologisch befindet sich das Regime Kabilas noch in den 60er Jahren und führt einen Kampf gegen den imperialistischen Westen. Nicht nur der Libyen-Besuch Kabilas ist dafür ein Beleg, sondern auch die engen Beziehungen zu China.

Kabila wird mit dieser isolationistischen Politik seine persönliche Wahrnehmung von Unabhängigkeit sicher stärken. Es ist aber nicht auszuschließen, daß ihm die Kongolesen mit ihrem Anspruch auf Selbstbestimmung dabei in die Quere kommen. Daniel Stroux

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