: „Kein Risiko mehr eingehen“
■ Kampnagel setzt in Zukunft stark auf den Produktionsbereich
Unter einem Himmel so blau wie die Pressemappen Kampnagels kündete gestern die Leitung der Kulturfabrik von einer moderat rosafarbenen Vergangenheit und einer Zukunft, die ins Schwarz tendiert. Mit den Zahlen der Spielzeit 1997/98, die wegen der Renovierungsarbeiten auf Kampnagel bereits ausgelaufen ist, ist sie zufrieden: Durchschnittlich 11.700 Besucher monatlich auf dem Gelände entsprechen in etwa der Besucherzahl der vorherigen Spielzeit und im Vergleich zur Saison 1996/97 sogar einer leichten Steigerung. Die Zahl der gezeigten Projekte hat allerdings seitdem drastisch abgenommen: Waren es vor zwei Jahren noch 146, wurden diese Saison nurmehr 80 gezeigt.
Größter Publikumserfolg war das Science-Fiction-Musical Per Anhalter durch die Galaxis, das über 20.000 Zuschauer in die Halle k6 lockte. Ebenfalls äußerst erfolgreich waren die Festivals Junge Hunde und die IndepenDanceDays. Trotzdem will Kampnagel sich von letzteren trennen: „Die 120.000 Mark haben wir einfach nicht mehr.“ Auch das Kabarett-Festival, das Ulrich Waller jährlich auf dem Gelände ausrichtete, soll dort künftig nicht mehr stattfinden, da es für Kampnagel ein Minusgeschäft gewesen sei.
Die knapp sechs Millionen Mark Subvention, die Kampnagel jährlich erhält, werden vermutlich um 100 bis 200.000 Mark gekürzt werden. Da von der Subventionssumme nach Abzug der Fixkosten sowieso nur 800.000 Mark zur Realisierung des künstlerischen Programms zur Verfügung stehen, wäre dieser Einschnitt gravierend; besonders, da man im Zuge der allgemeinen Teuerungsrate mit Extra-Ausgaben von ebenfalls 200.000 Mark rechnet. Schon heute werden 75% des Programmetats von 3,2 Millionen über Eintritt, Gastronomie, Mäzene und Sponsoren finanziert. Nach Res Bosshart bedürfte es für sinnvolle Arbeit eine Million mehr .
„Wir können kein Risiko mehr eingehen wie in den letzten Jahren“, behauptet der Kampnagel-Chef. Statt dessen wurde ein Konzept erarbeitet, das weniger auf internationale Gastspiele und mehr auf Eigen- sowie Koproduktionen setzt. „Die Entscheidung für Produktionen ist kultur- und gesellschaftspolitisch richtig“, so Bosshart. „Und – anders als noch vor zwei Jahren – auch künstlerisch richtig.“ Der neuen, spannenden Entwicklung der heimischen Performing Arts will der neue Spielplan Rechnung tragen: Stefan Pucher/Gob Squad, Nicolas Stemann, Sandra Strunz, Falk Richter, Christian Wiehle/Thorsten Beyer sowie die Choreographin Angela Guerreiro werden auf Kampnagel arbeiten. Saisonstart ist am 4. November mit der japanischen Multimedia-Company Dump Type. Christiane Kühl
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