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Schuften im Garten des reichen Amigo

■ Beschäftigte Sozialhilfeempfänger mußten privaten Garten herrichten: Der Leiter des Spielplatz-Projekts der Bremer Arbeitslosen-Selbsthilfe muß deshalb gehen

Weil sie schöne Spielplätze für die Stadt gebaut haben, sind die Leute von der Bremer Arbeitslosenselbsthilfe (Bras) wohlbekannt. Doch jetzt wirft die illegale Verquickung privater Interessen mit der öffentlich geförderten Arbeitsbeschaffung Schatten auf das Spielplatz-Projekt. Der Leiter Markus B. verliert seinen Job: Er hat beschäftigte Sozialhilfeempfänger in einem privaten Garten arbeiten lassen und dafür möglicherweise Geld in die eigene Tasche gesteckt.

Mehrere Tage mußten kurz nach Anlauf des Projekts im Herbst 1995 ein knappes Dutzend meist auf der Basis von BSHG-19 tätigen Teilnehmern Rhododendron-Büsche auf dem Gelände einer Worpsweder Villa ausgraben. Das Anwesen gehörte dem Bremer Steuerberater Peter A., einem Bekannten des Projektleiters. Bras-Geschäftsführer Uwe Lange bestätigte das illegale Vorgehen, nachdem ihn die taz mit Aussagen eines ehemaligen Anleiters konfrontiert hatte.

Markus B. selbst, ein Garten- und Landschaftsbaumeister, hatte die Vorwürfe als „Lügen“ bezeichnet. Es wird vermutet, daß der Projektleiter für die Dienste seiner Teilnehmer Geld von dem Steuerberater erhalten hat. Belegen läßt sich das aber bisher nicht. Der Wert der geleisteten Gartenarbeiten wird auf bis zu 5.000 Mark geschätzt. Der Steuerberater war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Dem Vernehmen nach soll er aber angeboten haben, die fällige Rechnung nachträglich zu bezahlen.

Markus B. räumte gegenüber der taz ein, daß er für den wohlhabenden Privatmann privat als Gärtner tätig sei. Auch 1995 habe er für A. gearbeitet, Teilnehmer seien jedoch nicht eingespannt worden. Weil diese Aussagen offensichtlich falsch sind, wird sich die Bras von dem Mitarbeiter trennen.

Bras-Geschäftsführer Lange beteuert, es handele sich um einen Einzelfall. Detaillierte Kontrolle aller 19 Bras-Projekte mit 220 Teilnehmern sei aber schwierig. Im Arbeitsamt heißt es, solche Fälle privater Vorteilsnahmen aus ABM-Projekten seien seit dem Skandal um den Landessportbund (LSB) nicht bekannt geworden. Damals hatte ein Projektleiter ABM-Kräfte des LSB unter anderem für den Bau des eigenen Hauses eingesetzt. Der Schwindel flog im Herbst 1994 auf, als ein Arbeiter vom Dach fiel und sich schwer verletzte.

Noch ist nicht völlig geklärt, ob Markus B. weitere Privataufträge von seinen Leuten abarbeiten ließ. Nach Aussage des ehemaligen Vorarbeiters Michael Luuk, der jetzt nach langem Zögern die Vorfälle öffentlich machte, wurden die Bras-Beschäftigten auch mindestens einmal auf einem Privatgelände in Stuhr eingesetzt. Dort sollten sie Weiden herunterschneiden. Die gekappten Triebe verwendet die Bras, um daraus auf den Spielplätzen Weidentipis als „lebende Spielhäuser“ zu bauen. Luuk, gelernter Gärtner, sagt jedoch, es habe sich um Pappeln gehandelt.

Die Abgrenzung von erlaubter Tätigkeit und einer gewissen Grauzone ist in ABM-Projekten nach Meinung von Experten nicht ganz einfach. So würden etwa Leistungen und Lieferungen in manchen Fällen nicht genau im Geldwert abgerechnet. Das ist im Falle des Spielplatz-Projektes geschehen, als die Teilnehmer für das Technische Hilfswerk ein Platz umgegraben haben und im Gegenzug das THW einen Kran für den Bau eines Spielplatzes bereitstellte.

Es könne auch sein, daß sich gerade die ehrgeizigeren unter den ABM-Projektleitern dem Verhalten eines normalen Kleinbetriebes annäherten, um die Teilnehmer auf jeden Fall mit echter Arbeit zu beschäftigen, sagt ein Kenner der Szene. Und im privaten Bau- und Gartenbereich laufe eben viel über Beziehungen und Schwarzarbeit. Da könnten Grenzen zur Illegalität auch für Projekte überschritten werden. Joachim Fahrun

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