: Dev Sol steht vor Gericht
■ Mitglieder türkischer Organisation sollen terroristischer Vereinigung angehört haben
Hamburg (taz) – Wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ stehen erstmalig mutmaßliche Mitglieder der verbotenen türkischen Organisation Dev Sol vor Gericht.
Seit gestern müssen sich drei Männer vor dem Hamburger Oberlandesgericht nach dem „Terroristenparagraphen“ 129 a StGB sowie wegen versuchten Mordes und unerlaubten Waffenbesitzes verantworten. Erdogan C. und Ali E., beide mutmaßliche Mitglieder des Karatas-Flügels (DHKP-C) von Dev Sol, sollen im Herbst 1997 versucht haben, in Frankfurt/Main und Hamburg Anhänger des verfeindeten Yagan-Flügels zu töten. Serefettin G. soll diese Taten allein über seine Funktion innerhalb der DHKP-C zu verantworten haben.
Die Mitgliedschaft in einer ausländischen Organisation kann die Bundesanwaltschaft nur nach Paragraph 129 a anklagen, wenn sie nachweisen kann, daß diese in Deutschland selbständige Organisationsstrukturen unterhält. Bundesanwalt Wolfgang Kalf führte gestern aus, bei der DHKP-C bildeten der Deutschlandführer und regionale Leiter einen „Funktionskörper“. Ihre Ziele: Brandanschläge auf türkische Einrichtungen zum einen, die Durchsetzung des Führungsanspruches des Karatas-Flügels zum anderen. Spätestens seit Oktober 1995 sei Serefettin G. Deutschlandführer der DHKP-C. Der Angeklagte Ali E. habe die Gebietsleitung für Hamburg übernommen, Erdogan C. die für Frankfurt.
Diese Erkenntnisse leitet die Bundesanwaltschaft aus abgehörten Telefonaten ab. Darüber hinaus stützt sie die Anklage auf zwei Kronzeugen. Pikanterweise auch auf Hasan A.. Der hatte im Sommer 1996 zunächst umfassend über den Karatas-Flügel ausgesagt, später in der kurdischen Zeitung Özgür Politika die Vernehmungsmethoden der BAW angeprangert.
Die Hamburger Justiz hat sich bislang in der Anwendung des „Terroristenparagraphen“ auf Ausländer eher vorsichtig gezeigt. Im Sommer vorigen Jahres war in einem Parallelprozeß gegen Yagan-Aktivisten, die Karatasler überfallen hatten, der Anklagepunkt noch vor Prozeßeröffnung zurückgenommen worden. Elke Spanner
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