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■ QuerspalteSolms jenseits von Suff und Segen

Du sollst den Feiertag heiligen, fordert die Bibel, und wer würde diesem Gebot nicht gerne folgen. Im Gegensatz zum Alltag, der zu Recht als grau gilt, verspricht und hält der Feiertag ausgesprochen Schönes: das Feiern. Der Feiertag ist eine sanfte Entmündigung. Er schenkt uns nicht nur arbeitsfreie Stunden, sondern nimmt uns auch noch die lästige Entscheidung ab, diese sinnvoll zu verbringen. An Weihnachten werden stets die Kinder beschenkt, Sankt Martin wird stets eine Gans gebraten. Warum das weise ist, wissen wir spätestens seit letzten Donnerstag dank Hermann Otto Solms.

Solms (der mit dem Scheitel) ist Fraktionschef der FDP im Bundestag. Wie jetzt bekannt wurde, heiligte der Politiker den 21. Mai in nicht angemessener Weise. Dabei kann man diesen De-luxe-Feiertag sogar auf zwei Weisen heiligen, also angemessen begehen. Nennt man ihn „Christi Himmelfahrt“, besucht man die Messe und anschließend einen älteren Verwandten. Bevorzugt man den „Vatertag“ (in Ostdeutschland auch „Herrentag“), kann man sich mit männlichen Freunden männlich betrinken. Solms aber wählte weder Suff noch Segen, sondern etwas ganz und gar Unheiliges: profane Arbeit. In Gummistiefeln zeigte sich der Ketzer auf einem Acker bei Frankfurt. Solms erntete demonstrativ zwanzig Minuten lang Spargel, um anschließend zu verkünden: „Diese Arbeit ist anstrengend, aber durchaus machbar.“ Deutsche seien wohl „etwas entwöhnt“, meinte Solms und spielt damit auf zwangsverpflichtete Arbeitslose an, die weder am Feiertag noch im Alltag Spargel stechen wollen.

Als besserverdienender Politiker am Feiertag fleißiger Sozialhilfeempfänger spielen ist nicht nur arrogant, sondern auch mega-unheilig. Vielleicht hätten die Spargelverweigerer ja auch einmal Lust, für zwanzig Minuten FDP-Parlamentarier zu spielen. Das würden wir sogar am Feiertag gerne sehen. Wahrscheinlich würden die Sozialhilfeempfänger nach ihrem Gastspiel im Parlament verkünden, Politik für Schwache sei anstrengend, aber durchaus machbar. Die FDP sei in dieser Hinsicht „etwas entwöhnt“. Robin Alexander

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