■ Querspalte: Hände weg von unserem Bier!
Nein, wir haben nichts gegen geklonte Schafe. Auch Kälbchen Peter und Zicklein Zora dürfen vervielfältigt, gekreuzt, neu zusammengebaut und mit Elefanten-Genen so lange nachgerüstet werden, bis sie gerade noch in den Schlachthof passen. Ist gebongt! Wir schlucken heuschreckenresistentes High-Tech-Soja und viereckige Antimatsch-Tomaten, die 800 Tage lang taufrisch bleiben. Wir hauen zwei Meter dicke Turbokartoffeln in die Bratpfanne, wenn wir sie denn mit der Black&Decker-Handsäge zerkleinert kriegen. Wir freuen uns über Erdbeeraroma aus Sägemehl, über Fleischersatz aus Klärschlamm und Kunstkrabben aus Fischmüll. Wir schlucken tapfer Gentechpillen, und wir drücken beide Hühneraugen zu, wenn ihr klitzekleine Embryonen vermehrt, tiefgefriert, wiederauftaut, ein bißchen Hirnmasse rauspult, den Rest wegschmeißt. Alles, alles okay. Ihr könnt euch nicht beschweren. Wir sind ungeheuer brav.
Aber, aber, verehrter Herr Gen-Chirurg, es gibt auch für uns Grenzen. Auch der deutsche Mann hat seine Empfindlichkeiten, seine Menschenwürde, er kann hochsensibel werden. Und deshalb fragen wir: Warum wollt ihr euch ausgerechnet an unserem Bier vergreifen? Was hat sie euch getan, daß ihr Gentechhefe in unsere Maß panschen wollt? Warum seid ihr so undankbar, so mies, so instinktlos? Haben wir euch nicht all die Jahre Stange wie Reagenzglas gehalten? Wir hören immer „Gärhilfe“, „Reifebeschleuniger“, „Enzym-Quickie“, „Haltbarkeit verbessern“. Schluß damit, Hände weg von unserem Bier! Seit 1516 geht's auch ohne den Gen- Quatsch, und hat es uns nicht immer geschmecket? Sind wir nicht Bierweltmeister?
Wir brauchen kein Reinheitsgebot für Luft, Wasser, Boden, Wald und Klima, wir brauchen eines fürs Bier. Hören wir zum Gentech-Gebräu Dieter-Thomas Heck (60): „Ich bin passionierter Biertrinker. Mir wird schlecht.“ Was sagt der Fliesenleger Albert K. (48): „Bier ist doch keine Kartoffel!“ Und Kurdirektor Jens V. (35): „Igitt!“ Manfred Kriener
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