: Mit Putzlappen die Angst besiegen
■ Schwarze Sheriffs oder kompetente Service-Kräfte: Fachleute diskutieren in Hamburg über Sicherheit in U- und S-Bahnen
Als noch der Beamte mit der roten Mütze auf dem Bahnsteig die Züge abfertigte – da haben sich die Fahrgäste noch sicher gefühlt. Die Herren auf dem Podium seufzten einmütig. Objektiv habe sich seither zwar nicht viel geändert; die Kriminalität rund um Zug und Bahnhof habe nicht zugenommen. Doch die Angst vieler S- und U-BahnfahrerInnen ist gewachsen. Also, so die Folgerung, müsse wieder Personal sichtbar sein.
Doch statt der rotbemützten Servicekräfte sind in Hamburger Zügen Schwarze Sheriffs unterwegs. „Wir setzen auf professionelle Sicherheitskräfte“, erklärte gestern Peter Hofmann, Geschäftsführer der S-Bahn Hamburg, bei einem Werkstattgespräch über Sicherheit im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Mit diesem Konzept saß er jedoch fast alleine da. Günter Girnau, Geschäftsführer des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen, mahnte, man müsse statt dessen „Sicherheit als Qualität verkaufen, und das können wir nur mit freundlichen Servicekräften, die andere Aufgaben mit übernehmen“. Und der Sprecher des Rhein-Main-Verkehrsverbundes, Peter Vollmer, sprach sich gegen ein „martialisches Auftreten mit Hunden und Schlagstock“ aus.
Die meisten Delikte, die rund um den ÖPNV begangen würden, seien Raubüberfälle, wußte Günter Elste zu berichten, der Chef der Hamburger Hochbahn. Die Haupttatzeiten seien zwischen 12 und 14 sowie zwischen 16 und 20 Uhr – trotzdem die Fahrgäste sich meist in den späten Abendstunden fürchten. „Der Anteil der Kunden ist abends von zehn auf vier Prozent zurückgegangen“, bedauerte Wolfgang Teubner, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr.
Die Begriffe „Sicherheit“ und „Sauberkeit“ gelten unter den Fachleuten als Synonym. „Je schmuddeliger die Bahn und die Bahnhöfe sind, desto eher hat der Fahrgast das Gefühl, wir kümmern uns nicht um unsere Anlage. Das macht unsicher“, ist Elste überzeugt.
Er beklagte sich anhaltend über „Schmierereien, Graffiti, Vandalismus“. Der Tip von Wolfgang Meyer, Vorstand der Essener Verkehrs-AG: „Wir lassen unsere Putzkräfte die Züge tagsüber reinigen. Dann können die Fahrgäste sie sehen und haben das Gefühl, wir kümmern uns um sie“, sagte er und meinte es gar nicht ironisch.
Einigkeit herrschte in einem Punkt: Die Justiz bagatellisiere Schmiererei und Graffiti, und das sei skandalös. „Manche halten das sogar für Kunst“, warf einer ein, und die Herren auf dem Podium schüttelten fassungslos den Kopf.
Elke Spanner
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