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Freude quer durch die Parteigrenzen

■ Der ehemalige iranische Ministerpräsident Bani Sadr kritisiert den Auftritt der Volksmudschaheddin beim Fußballspiel gegen die USA

Paris (taz) – Abol Hassan Bani Sadr, iranischer Ex-Regierungschef und inzwischen einer der vielen im Exil lebenden Oppositionellen des Mullah-Regimes, würde heute gerne nach Montpellier fahren. Genau wie er am vergangenen Sonntag am liebsten nach Lyon gereist wäre. Aber die Polizei riet ihm dringend von jedem Besuch in einem Fußballstadion ab. „Man hat mir gesagt, daß Teheran wieder Terroristen geschickt hat, um mich zu ermorden“, sagt Bani Sadr.

So muß der Politiker das heutige Spiel Iran–Deutschland genau wie am Sonntag das historische Treffen mit den USA von dem großen Backsteinhaus am Stadtrand von Versailles aus verfolgen, in dem er rund um die Uhr von Polizisten bewacht wird.

Die Freude über die WM- Auftritte der iranischen Mannschaft teilt und spürt Bani Sadr trotzdem. Das Match vom Sonntag nennt er eine „populäre Demonstration des ganzen iranischen Volkes“. An dem Freudenausbruch auf den Straßen im Iran glaubt er zu erkennen, daß „die Menschen die Tabus des Regimes brechen wollen, daß sie keinen Totalitarismus wollen“. Aus diesem Grund kritisiert Bani Sadr auch die Demonstrationen der Volksmudschaheddin während des letzten iranischen WM-Spiels. Die Begeisterung der Iraner geht „quer durch alle Parteigrenzen“, erklärt er, „da haben sich die Mudschaheddin mit ihren Transparenten für ihren Führer, der im Irak lebt, und gegen das Regime in Teheran wie politische Hooligans verhalten. Sie waren eine Minderheit in der großen Mehrheit der Iraner. Sie werden vom Volk verachtet.“

Die Volksmudschaheddin, die am Sonntag ihre Anhänger in ganz Europa zu einer Demonstration nach Lyon mobilisiert hatten, sehen das anders. Ihren Auftritt im und vor dem Lyoner Stadion betrachten sie als Erfolg. Auch wenn die französischen Grenzposten einen großen Teil der Teilnehmer gar nicht erst ins Land gelassen, sondern systematisch an der Einreise gehindert haben. „Wir wollten verhindern, daß der Iran das Spiel propagandistisch ausnutzt“, sagt Behzad Naziri, ein Sprecher der Volksmudschaheddin, der erklärt, daß das Teheraner Regime während der WM „Druck auf Frankreich wegen der hier lebenden iranischen Flüchtlinge“ ausüben und zugleich neue Beziehungen zu den USA anknüpfen will.

Heute abend in Montpellier wollen die Volksmudschaheddin nicht demonstrieren. Das Innenministerium, das am vergangenen Sonntag das „vorübergehende Territoriumsverbot“ für die iranischen Oppositionellen verhängt hatte, behält sich allerdings vor, im Zweifelsfall erneut zu reagieren wie am vergangenen Sonntag. Dorothea Hahn

Bericht Seite 23

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