: Frau Kohls Handwerk
■ Auch Kanzlers Gattin muß nun wahlkämpfen: Sie ehrte die „Meisterfrau“
Bonn (taz) – Einmal im Jahr kürt das deutsche Handwerk die „Meisterfrau des Jahres“. Das laut Handwerker-Magazin wichtige Datum im Kalender aller mithelfenden Ehefrauen bestritt diesmal die „mitarbeitende Ehefrau bei der Firma Bundesrepublik Deutschland“ – Hannelore Kohl.
In diesen Wochen arbeitet Hannelore wohl eher bei der CDU. Die Kanzlerfrau erschien in Arbeitskleidung, einem der schwarzen Kostüme, die Präsidentengattin Wilhelmine Lübke ihr einst als praktische Kluft für mithelfende Ehefrauen ans Herz gelegt hatte. Von Wilhelmine hat sie auch gelernt, beleidigenden Äußerungen mit innerer Souveränität zu begegnen. Und so sagte Hannelore, auf ihre Rolle auf der politischen Bühne angesprochen: „Ich bin zwar ohne spezielle Ausbildung. Aber ganz dumm bin ich nicht.“
Das Forum von „Leistungs-und Hoffnungsträgern für mehr Wachstum und Beschäftigung“ nutzt Frau Kohl, um die Bilanz des Familienunternehmens Kohl ein bißchen zu frisieren: Fast beiläufig wird der „Aufschwung“ erwähnt, der neuerdings durch Regierungs- Verlautbarungen spukt. Kühner als die meisten Männer bei der CDU sieht sie gar „eine deutliche Trendwende auf dem Arbeitsmarkt“.
2,1 Millionen neue Arbeitsplätze habe der Mittelstand in den vergangenen zehn Jahren geschaffen. Die Großbetriebe dagegen – pfui! Sie bauten im gleichen Zeitraum 500.000 Arbeitsplätze ab. „Shareholder-Value“ – so die Kanzlergattin sichtlich angewidert und vom Manuskript abweichend –, „wir alle kennen das Schlagwort. Irgendwie versteht man es nicht.“
Die „Meisterfrau“ des Jahres 1998, Franziska Bauer aus Buchbach bei München, würde Share- holdern Freude machen. Als Personalchefin und kaufmännische Leiterin eines Elektrobetriebs mit 300 Mitarbeitern braucht sie Managementqualitäten. Dem Kanzler dürfte der Unternehmergeist der Eheleute Bauer gut gefallen. Gleich nach der Wende kauften sie einen Elektrobetrieb in Halle, investierten 20 Millionen Mark in blühende Landschaften, übernahmen die Mitarbeiter und stellten sogar noch Leute ein.
„Handwerk“ – allein das Wort bringt die Kanzlergattin ins Schwärmen: „Die Hand, die etwas tut, und das Werkzeug, mit dem man etwas tut. Das Werkzeug ohne führende Hand gibt noch kein Werk und damit kein Meisterstück...“ Zum Schluß das Firmenlogo – Standbein, Spielbein, gnadenloses Lächeln – und Grüße vom „Bundesmeister“. Als Frau Meisterin dann noch die Ehrenmitgliedschaft im Verband der Unternehmerfrauen im Handwerk akzeptiert, hat sie der Firma CDU eine kleine Umsatzsteigerung gesichert. Daniela Weingärtner
Unerwünschtes Doppel Fusion von Ministerien gerät unter Beschuß
Karlsruhe (dpa) – Mit scharfer Kritik hat sich der Präsident des Bundesgerichtshofs (BGH), Karlmann Geiß, gegen die Zusammenlegung von Innen- und Justizministerium in Nordrhein-Westfalen gewandt. Die Fusion sei „ein Signal für die weitere Aufgabe rechtsstaatlicher Grundsätze“, sagte Geiß am Donnerstag abend in Karlsruhe bei einem Besuch des neuen Doppelministers Fritz Behrens (SPD).
Die Entscheidung, bei der politische Qualität keine Rolle spiele, zeuge von der „technokratischen Sicht in dieser Regierung“. Geiß weiter: „Der Staat Nordrhein- Westfalen ist ein anderer als vorher.“
Bereits am Donnerstag hatten die Präsidenten der nordrhein- westfälischen Oberlandes- und Landgerichte sowie großer Amtsgerichte in einem offenen Brief fundamendale Bedenken gegen den Zusammenschluß geltend gemacht. Auch der Deutsche Richterbund und die Bundesrechtsanwaltskammer kritisieren die Fusion, die Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) vor zwei Wochen bei seiner Kabinettsumbildung durchgesetzt hatte.
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